Visa, Q3 2020/21:

 

 

 

 

 

 

Visa zeigt ein sehr dynamisches organisches Wachstum von 26% auf 6,13 Mrd. USD, da sich das grenzüberschreitende Geschäft deutlich erholt und das Retail-Geschäft unverändert stark läuft. Insbesondere tap-to-pay/Smartphone-Bezahlung wachsen unverändert schnell, zudem legen neue Geschäftsfelder wie B2B-Payment und Dienstleistungen wie Datenanalyse weiter erheblich zu.

Die Free Cash Flow-Marge im Berichtsquartal erreicht unglaublich hohe 69,1%. In absoluten Zahlen legt der Free Cash Flow um 49,1% auf 4,24 Mrd. USD zu.

Visa hat also gut ein Viertel mehr umgesetzt und verdient fast die Hälfte mehr. Nun ist Visa wegen der geschäftsmodellbedingten extrem hohen Skaleneffekte (vor allem Größenvorteile sowie angebots-/nachfrageseitige Skaleneffekte) bei niedrigem Kapitalbedarf DIE „Cash-Maschine“ auf dem Kurszettel, weshalb man auch gleichzeitig Free Cash Flow-Margen im Bereich 45%/50% bis 60% von Visa gewohnt ist. Aber dass Visa bei höherer Wachstumsrate (langjährig wächst Visa hocheinstellig/niedrig zweistellig) derart viel mehr Cash produziert und derart viel Geld verdient, ist sehr beeindruckend. Und obgleich das – besonders profitable – grenzüberschreitende Geschäft vor allem wegen der coronabedingten Reiseeinschränkungen in den beiden Vorquartalen des Geschäftsjahres, also im Zeitraum September 2020 bis März 2021, merklich gesunken war (in H1 hatte dieses Geschäftsfeld um rd. 15% verloren; der Anteil des grenzüberschreitenden Geschäfts liegt in der Regel bei über 55% des Bezahlvolumens), liegt die Free Cash Flow-Marge auf Sicht von 9 Monaten bei 61,3% und der Free Cash Flow beträgt 9M 10,76 Mrd. USD. Das sind 9M 30,6% mehr bzw. 2,52 Mrd. USD mehr als 9M/2019, also vor den Corona-Lockdowns, und auch 23,6% bzw. 2,06 Mrd. USD mehr als beim bisherigen Rekord 9M/2018. Mit anderen Worten: Visa verdient noch mehr als jemals zuvor, obgleich zwei der drei Quartale des laufenden Geschäftsjahres deutlich weniger Anteil des besonders profitablen grenzüberschreitenden Geschäfts hatten.

Nun zu den wichtigen Details:

Die Top Line:

Das Bezahlvolumen steigt um +34,2% auf 2,72 Billionen USD. Visa wickelt also in einem Quartal z. B. 70% des deutschen BIP eines ganzen Jahres ab. Die Zahl der abgewickelten Transaktionen erhöht sich um +39% auf 42,56 Mrd. (Visa wickelt also pro Sekunde knapp 33 TSD Transaktionen weltweit ab, das Netzwerk ist aktuell auf rd. 65 TSD Transaktionen pro Sekunde ausgelegt, weitere Kapazitätserhöhungen sind nicht kostenintensiv; zum Vergleich: das Bitcoin-Netzwerk schafft 7 Transaktionen pro Sekunde), die Anzahl der grenzüberschreitenden Transaktionen steigt um +47%. Dies liegt aber noch unter dem Niveau des Sommers 2019; so ist der Umsatz aus grenzüberschreitenden Reisen noch 50% unter dem Niveau von Sommer 2019, die gestartete Erholung setzt sich lt. CEO Kelly im Call nach Quartalsende weiter fort. Im 2-Jahres-Vergleich, also die Corona-Verzerrung ausblendend, hat das Bezahlvolumen um rd. 21% und die Zahl abgewickelter Transaktionen um 23% zugelegt. Das organische Umsatzwachstum legt um +26% auf 6,13 Mrd. USD zu (Data Processing +32% auf 3,33 Mrd. USD, Services +17% auf 2,83 Mrd. USD, grenzüberschreitende Transaktionen +54% auf 1,7 Mrd. USD, andere +31% auf 409 Mio. USD, abzüglich der Client Incentives in Höhe von 2,13 Mrd. USD. Die Client Incentives betragen 25,8% des Roh-Umsatzes von 8,26 Mrd. USD. Im Berichtsquartal sind die client inventives lt. CEO Kelly etwas niedriger als erwartet, allerdings nur wegen vereinbarter Auszahlungsfristen nach dem Bilanzstichtag), Kartenzahl +5,7% auf 3,642 Mrd. USD.

Vertriebliche Highlights im Berichtsquartal: Google Pay bietet eine eigene virtuelle Visa-Karte an, zunächst in den USA; die Kooperation mit HSBC in Lateinamerika wurde verlängert, ebenso mit der Banca Sella in Italien, mit DBS Singapur, mit der Qatar National Bank, der Saudi British Bank, mit Hyatt, Williams-Sonoma. Die Zusammenarbeit mit PayPal in Australien, Mercadolibre in Lateinamerika, Banco Itau/Brasilien, auch mit zahlreichen Fintechs wie LinePay in Taiwan und Kakao Pay in Südkorea wird ausgeweitet. LinePay z. B. hat in den letzten 12 Monaten alleine 2 Mio. (meist virtuelle) Visa-Karten vermarktet, Paytm, seit mehreren Jahren Partner in Indien, im selben Zeitraum 6 Mio. virtuelle Visa-Karten. Rappi, eine schnell wachsende Payment App in Lateinamerika mit 70 Mio. Nutzern, vertreibt ab sofort (wohl in der Regel virtuelle) Visa-Karten in Brasilien, Mexiko und mehreren anderen größeren Märkten in Lateinamerika. Auch im Krypto-Bereich weitet Visa seine Kooperationen aus, dieses Mal mit dem Bezahldienstleister Tala für Kunden in Entwicklungsländern ohne Bankkonto sowie mit den beiden Krypto-Börsen FTX und CoinZoom, die Visa-Karten vertreiben. Insgesamt hat Visa jetzt über 50 Krypto-Fintechs (Wallets, Plattformen, Börsen), die bisher rd. 1 Mrd. USD in Bezahlvolumen generiert haben. Also kein hohes Bezahlvolumen, aber mit hohen Wachstumsraten. B2B-Payment wächst ebenfalls unverändert rasant, im Quartal wurde die Kooperation mit der ANZ Bank für Australien/Neuseeland verlängert, Wells Fargo vertreibt Visa B2B in den USA, die OCBC Bank in Singapur vermarktet Visas Commercial Mobile Pay App, die neben einer virtuellen Visa-Karte den Zugang zur Echtzeit-Datenanalyse von Visa bietet, um Geschäftsprozesse der Firmenkunden zu verbessern, etwa den Produktverkauf. Auch Visa Direct, die grenzüberschreitende Echtzeit-Transaktion, wächst lt. Kelly weiter sehr dynamisch mit 500 Mio. mehr Transaktionen im Jahresvergleich. Immer mehr große Banken weltweit nutzen Visa Direct, auch z. B. Dienstleister für die grenzüberschreitende Überweisung von Gehältern. Visa Direct erweitert zudem seine Produktplattform weiter, etwa in der Echtzeitabwicklung von Börsentransaktionen. Fintechs wie GoFundMe und Questrade in Kanada nutzen diese Feature. Im Services-Geschäftsbereich baut Visa das Geschäft mit Payment-Dienstleistungen für Ratenzahlungs-Anbieter aus, Kelly nannte im Call mehrere Neukunden dieses Geschäfts, etwa die Scotiabank in Kanada und mehrere Fintechs. Das Beratungsteam von Visa baut zahlreiche Kunden-Plattformen auf, etwa für digitale Kundenakquisition für Visa-Karten von Banken oder Software, die die Performance von Vertriebsplattformen misst und große Datenmengen analysiert.

M&A:

Nach der kartellrechtlichen Untersagung des Erwerbs von Plaid in den USA hat Visa im Juni den zweiten Versuch gestartet und Tink für 2,2 Mrd. USD erworben (signing), die in Europa eine Plattform betreiben, die Fintechs und Händlern erlaubt, große Datenmengen in Echtzeit zu analysieren und maßgeschneiderte Finanzmanagement-Tools aufzubauen, um besser auf Kundenbedürfnisse zugeschnittene Produkte anbieten zu können. Tink hat mit seiner Programmierschnittstelle in 18 europäischen Märkten Zugang zu 3.400 Banken und 10.000 Payment-Produktentwicklern. Der Deal wird nun von den Kartellbehörden geprüft. Wann Closing ist, kann Visa aktuell nicht sagen. Im Juli, also nach dem Quartals-Bilanzstichtag, wurde Currencycloud für rd. 1 Mrd. USD gekauft. Currenycloud ist ein Bezahldienstleister, der Banken und Fintechs innovative technische Lösungen für grenzüberschreitende Überweisungen in Fremdwährungen anbietet. Der Erwerb steht ebenfalls unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Freigabe.

Q4-Guidance:

Für das laufende Q4 erwartet Visa lt. CFO Prabhu im Call auf der Basis einer Fortsetzung des gut gelaufenen Umsatzes im Juli ein ähnlich hohes Wachstum wie in Q3, erneut getrieben von der weiter fortschreitenden Normalisierung des Reisegeschäfts, außerdem bleiben E-Commerce und Mobile Payment per Smartphone unverändert dynamisch, die Bezahlung per physischer Karte nimmt dank tap-to-pay weiter zu, außerdem wächst B2B sehr schnell.

Die Bottom Line:

Ebit +35,5% auf 4,06 Mrd. USD, operative Marge +430 bps auf 66,3%. Dabei ist der Overhead um -21% auf 204 Mio. USD gesunken und daneben sind alle anderen Kosten deutlich langsamer als der Umsatz gewachsen, alle im Bereich +3% bis +13%, was zeigt, wie äußerst kostengünstig das Netzwerks trotz gerade hoher Aufwendungen für die Netzsicherheit ist. Die Daten zum selbst für Visa beeindruckend hohen Free Cash Flow wurden oben bereits dargelegt, die Cash Conversion Rate beträgt sehr hohe 164,7%.

Die Bilanz:

  • Die Nettoschulden inkl. der Pensionsverpflichtungen betragen rd. 5,1 Mrd. USD (ca. 0,35x Free Cash Flow; es werden 1,5 Mrd. USD Pensionsverpflichtungen angenommen. Dies ist der Status quo ante zum Ende von Q4 2019/20, eine aktualisierte Information gibt Visa erst wieder zu Q4 2020/21 im FY-Geschäftsbericht).
  • Eigenkapital +4,4% auf 37,79 Mrd. USD (45,7% EK-Quote = +70 bps) trotz weiterer Aktienrückkäufe (9M für 5,66 Mrd. USD, zudem 9M-Dividenden 2,1 Mrd. USD – kumuliert also weniger als der Free Cash Flow von 10,76 Mrd. USD, aus dem Visa neben den Aktienrückkäufen/Dividenden auch die Kaufpreise und Erwerbsnebenkosten für die beiden Zukäufe Tink und Currencycloud in etwa bezahlen kann), denen aber höhere Gewinnrücklagen gegenüberstehen.
  • Die Gesamtkapitalverzinsung (RoCe) beträgt sehr hohe rd. 32% FYe.
  • Bewertung: Der Enterprise Value beträgt das 36fache des Free Cash Flows FYe bzw. das 31fache FY 2021/22. Visa ist also wie „seit eh’ und je“ hoch bewertet, aber angesichts des strukturell äußerst dynamischen Wachstum und der exzellenten Marktposition als Weltmarktführer im E-Payment, einem der globalen Top-Wachstumstrends, zurecht hoch bewertet. Visa wird sehr gut und umsichtig geführt, Visa hat eine sehr hohe Veränderungsbereitschaft und wegen des dauerhaft niedrigen Kapitalbedarfs eine sehr hohe Veränderungsfähigkeit. Visa ist eine Innovationsmaschine, weshalb die weltmarktführende Position bei neuen Bezahlmethoden von E-Commerce über Echtzeit bis B2B und P2P (z. B. zehn der dreizehn größten mobilen wallets weltweit werden auf der Visa-Plattform betrieben) noch dominanter ist als bei der traditionellen Bezahlung per physischer Kreditkarte. Die Visa-Strategie ist ganz wesentlich eine Netzwerk-/Partnerstrategie, weshalb sie neues Geschäft schnell und kostengünstig auf das Visa-Netzwerk bringen. Und Visa bietet Partnern mehr Vorteile als jeder andere Payment-Dienstleister. Visa verdient mit seiner schieren Größe, den enormen Größen-/Verbundvorteilen und Netzwerkeffekten sehr viel Geld, und jeder neue Umsatz-USD bringt noch höhere Margen. Den Fair Value nach Discounted Cash Flow-Methode sehen wir bei 253 – 263 USD/Aktie. Der Durchschnitt der Analystenkursziele für die kommenden 12 Monate liegt übrigens bei 278 USD und damit merklich höher. Dies scheint uns eine typische Übertreibung zu sein, die häufig dann stattfindet, wenn ein Geschäft besser läuft, als von dieser Zunft erwartet. Umgekehrt werden die Kursziele zu weit nach unten gedrückt, wenn das Geschäft einmal kurzfristig nicht so läuft, wie es die Erwartungen vorgeben.

Disclaimer

Wie sieht´s eigentlich bei Hermès aus?

Ende März des letzten Jahres hatte ich an dieser Stelle über Hermès geschrieben. Damals stand die Aktie bei rund 430 € und viele Börsenerklärer munkelten, die Aktie sei völlig überteuert und könne nicht weiter steigen. Heute steht die Aktie bei ca. 545 €, also rund 25% höher (zum Vergleich: DAX im selben Zeitraum +-0%). Aber wie ist nun der Stand der Dinge auf Unternehmensebene?

Folgend unsere interne Analyse zu Hermès. Übrigens: Derartige Analysen machen wir zu jedem unserer Portfoliounternehmen und auch deren Mitbewerber einmal im Quartal:

Hermès/Q2 – gewohnt herausragend stark, bottom line mit historischem Rekord für H1 bei sämtlichen Margen, und das über die gesamte Bilanz, ob operative Marge, Free Cash Flow-Marge oder Kapitalverzinsung:

Top line wurde bereits am 20.7. veröffentlicht: operatives Wachstum +11,6% auf 1,46 Mrd. EUR, berichtet +7,2%, FX -4,4% (H1 +11,2% oW auf 2,85 Mrd. EUR, berichtet +5,2%, FX -6%) – der stärkere Euro kostet vor allem ggü. den EM-Währungen weiter viel Umsatz.

⁃ In Q2 und H1 trugen alle Absatzregionen und Produktsegmente zum hohen Wachstum bei (Q2 Europa 8,9%, Amerika 15,9%, Asien 11,6%), ebenso alle Produktbereiche (besonders stark Schmuck und Home mit 25,2% in Q2, auch das mit gut 50% Anteil am Konzernumsatz größte und strategisch wichtigste Geschäft mit Lederwaren mit +8,4% in Q2 bzw. +8% in H1 weiterhin dynamisch, und in Q2 nochmals leicht besser als in Q1).

⁃ Die folgenden bottom line-Daten beziehen sich auf H1 (Hermès berichtet bottom line nicht auf Quartalsbasis): Ebit +11,14% auf 1,037 Mrd. EUR (36,35% oM = +233 bps), bereinigt um den Erlös aus dem Verkauf des früheren Galleria Stores in Hongkong (Hermès ist dort mit dem Store umgezogen) steigt das Ebit um 5,71% auf 984,5 Mio. EUR (34,5% bereinigte oM = +17 bps – das ist eine neue historische Rekordmarge fürs H1). Der Free Cash Flow (FCF) steigt sogar um 18,94% auf 750,3 Mio. EUR (26,29% FCF-Marge = +304 bps), bereinigt um den Verkauf des o. g. Assets legt der FCF um 8% auf 681,3 Mio. EUR zu (23,88% bereinigte FCF-Marge = +63 bps – auch das ist neuer H1-Rekord), CCR 106% (berichtet) bzw. 96,26% (bereinigt). Ggü. dem Vorjahreszeitraum enthält das Cash Flow-Statement zudem negative working capital-Effekte in Höhe von 36,7 Mio. EUR (insbesondere etwas größeres Lager und geringere Verbindlichkeiten aus L+L). Wenn man das berücksichtigt, erreicht der FCF (bereinigt um den Erlös aus dem Verkauf der Hongkong-Gallery) 718 Mio. EUR (=25,16% um wc-Effekte bereinigte FCF-Marge) – dieser Wert zeigt mE am besten an, welche Marge im operativen Geschäft erwirtschaftet wird, und diese Marge ist enorm hoch, Hermès verdient mittlerweile mehr als doppelt so viel wie die besten Peers!

Net Cash 2,59 Mrd. EUR inkl. 207 Mio. EUR Pensionsverpfl. (rd. 1,85x FCF FYe) – damit ist das net cash nochmals merklich höher als im Vorjahr (2,33 Mrd. EUR), obgleich Hermès 2018 wg. einer Sonderdividende 555,6 Mio. EUR höhere Dividenden ausgezahlt hat (2018 kumuliert 957,5 Mio. EUR). EK +4,93% auf 4,79 Mrd., EK-Quote 73,41% (-67 bps wg. mehr zurückgekaufter Aktien). Alleine das kurzfristige Vermögen (4,24 Mrd. EUR) ist rd. 2,45x höher als sämtliche Verbindlichkeiten (1,73 Mrd. EUR), hinzu kommen das langfristige Vermögen (2,29 Mrd. EUR). Das ROCE erreicht 63,5% FYe, das ROE 27%.

Enterprise Value 39,5x FCF FYe (2009 waren es rd. 30x FCF, Hermès hat auch 2009 seinen Umsatz gesteigert und einen höheren FCF erwirtschaftet). Die um negative wc-Effekte bereinigte FCF-Marge von 25,16% ist wirklich grandios! Auch berichtet hatte Hermès in H1 noch nie so hohe Margen wie jetzt, und zwar über die gesamte Bilanz von der operativen Marge über die FCF-Marge bis zum ROCE. Und das immer noch etwas stärkere H2 kommt erst noch. Obwohl Hermés wg. der Sonderdividende dieses Jahr mehr als doppelt so viel Dividende bezahlt hat wie letztes Jahr, hat Hermès ein paar hundert Mio. EUR mehr in der Kasse. Wenn man die negativen wc-Effekte berücksichtigt, liegt das ROCE über 65% – sagenhaft! Und dann diese Bilanz, wirklich atemberaubend – das sehr hohe Eigenkapital, sodann: alleine das kurzfristige Vermögen ist rd. 2,5x höher als sämtliche Konzern-Verbindlichkeiten. Bei Hermès sind nicht nur die Produkte einzigartig, auch die Bilanz ist geradezu phänomenal. Man muss hierbei berücksichtigen, dass Hermés beim working capital wirklich großzügigst sind, das ist das totale Gegenteil von optimiert – gerade das Lager haben sie immer gefüllt mit reichlich und bester Rohlederware (das Lager erreicht über 17% des Umsatzes). Wenn Hermès zB auf dem cnwc-Niveau von LVMH wäre, hätte Hermès in H1 um die 35% (sic) FCF-Marge geschafft, und sie hätten noch ein paar hundert Mio. EUR mehr in der Kasse. Und wenn das cnwc im Bereich der Extrem-Optimierung zB von Colgate oder Church & Dwight wäre, wäre Hermès bei fast 40% FCF-Marge.

⁃ Auch sonstige Bilanzoptimierung kennt Hermès überhaupt nicht. So hat Hermès 207 Mio. EUR an Pensionsverpflichtungen, auf der anderen Seite beträgt das net cash 2,8 Mrd., am Jahresende dürften es um die 3,2 Mrd. net cash sein. Da sollten sie es wie Church & Dwight machen – und die Pensionsverpflichtungen ablösen. Das wäre mal das Mindeste. Außerdem könnten/sollten sie mindestens 2 Mrd. EUR Aktien p. a. zurückkaufen, die aber nicht vernichten, sondern als weitere Kriegskasse in der Bilanz belassen. Dieses Jahr dürfte Hermès bei 1,35-1,45 Mrd. EUR FCF landen, und die Firma zahlt, wenn sie nicht wieder eine Sonderdividende beschließt, um die 450 Mio. EUR für die Dividende. Also könnte Hermès leicht jedes Jahr für eine dreiviertel Milliarde EUR Aktien zurückkaufen (und nicht vernichten), und dennoch wüchse der Cash-Berg weiter. Letztes Jahr hat Hermès lediglich für rd. 190 Mio. EUR Aktien zurückgekauft, in H1 jetzt gut 50 Mio. EUR.

Hermès gehört mit Visa, Mastercard, Apple, Google und Reckitt Benckiser zu den profitabelsten Konzernen auf dem weltweiten Börsenzettel.

Disclaimer

Sind Krypto-Währungen eine Gefahr für Visa, Mastercard & Co.?

Gestern haben die Aktien sämtlicher Zahlungsabwickler abgegeben, Visa mit 3% etwas weniger als Mastercard mit 4%, PayPal hat um 6% nachgegeben, die kleineren Plattformen wie Wirecard alle um die 2-3%. Die zunehmende Beliebtheit von Krypto-Währungen wurde als Grund für die Kursschwäche benannt.

Wird die zunehmende Beliebtheit von Bitcoin & Co. nun eine dauerhafte Gefahr für Visa, Mastercard & Co.?

Meines Erachtens definitiv nicht, denn auch die Krypto-Währungen brauchten eine sichere Abwicklung, sobald sie verbreitet für Zahlungen genutzt werden würden. Aktuell finden lediglich an Spezialbörsen mit geringen Volumina Ankauf/Verkauf von Krypto-Währungen statt. Transaktionen zur Bezahlung des Güterkaufs gibt es dagegen kaum, nur eine Handvoll Händler akzeptiert z.B. Bitcoin (weshalb Visa eine Bitcoin-Debitkarte hat, die bisher wenig verbreitet ist).

Das „schnelle Geld“ hat vielmehr nach der sehr guten Wertentwicklung der Aktien der Zahlungsdienstleister gestern schlicht „Gewinne vom Tisch genommen“ und somit zu den Kursrückgängen bei den Zahlungsabwicklern geführt. Bei Visa und Mastercard beispielsweise war es 2017 um fast 40% hochgegangen – de facto ohne jede Korrektur. Jetzt kam sie ohne weitere Vorwarnung. Von Visa selbst etwa gab es keine Neuigkeiten. Bis auf eine Präsentation gestern von CFO Prabhu auf einer Credit Suisse-Investorenveranstaltung.

Die Präsentation haben wir nachgelesen: Der CFO hat nichts wesentlich Neues gesagt

Die Guidance gilt, das Geschäft läuft blendend. Zu Bitcoin/Blockchain meinte er, Visa arbeite mit Blockchain bei grenzüberschreitenden B-to-B-Transaktionen, sie würden viel investieren und experimentieren, auch mit Firmenkunden, die dort auch eigene Blockchains integrieren (z.B. können consumer staples eigene vertriebs-/marketingrelevante Infos integrieren). Blockchains würden zumindest im B-to-B-Bereich immer wichtiger werden, daher engagiere sich Visa intensiv.

Hinsichtlich Krypto-Währungen sei Visa ebenfalls offen, man müsse sehen, was sich durchsetze, aber auch Krypto-Währungen benötigten sichere Zahlungsabwicklung, wenn es über kleine Spezialbörsen-Volumina hinausgehe und in der Breite für Bezahlung genutzt werde (siehe oben). Aber man werde die Visa-Plattform auch für Kryptowährungen öffnen, sofern ein Markt existiere, genauso wie man Visa für Pay-Dienste von Apple, Google und Samsung geöffnet habe oder für Square und Facebook Messenger.

Zwischenzeitliche „Rücksetzer“ beim Aktienkurs von Visa dürfen nicht verwundern, denn Visa ist wie sämtliche Zahlungsdienstleister eher ambitioniert bewertet, wobei sie allerdings schnell in eine angemessene Bewertung hineinwachsen. Denn bei dem avisierten hohen einstelligen Umsatzwachstum sollten sie den schon jetzt hohen Free Cash Flow im Bereich 15-20% erhöhen können (20% im GJ 2016/17), weshalb die derzeit ambitionierte Bewertung zügig abgebaut sein wird.

Weshalb ich von Visa als unternehmerisch denkender Langfrist-Anleger überzeugt bin und warum ich Krypto-Währungen als keine Gefahr beispielsweise für Visa erachte, zeigt auch unser letzter Quartalsbericht vom 26.10.2017:

Visa berichtete gestern über das Q4 2016/2017 (Vergleichswerte beziehen sich auf das Vorjahr):

Die Fakten

 Visa liefert ein weiteres „Blowout“-Quartal ab, also ein Quartal, das die Prognosen „wegbläst“. Ebenso ein weiteres „Blowout“-Geschäftsjahr, beide erneut mit zweistelligem organisches Wachstum (oW) und zuverlässigem gigantischen Free Cash Flow-Margen im Umfeld von 50% – das schreiben wir seit Jahren, und das Geschäft läuft von Jahr zu Jahr immer noch besser.

Das hat zwei Gründe:

Erstens ist Visa DER Profiteur des säkularen Trends der Substitution des Bezahlens mit Bargeld durch bargeldloses Bezahlen, und als Betreiber des größten Netzwerks für elektronische Bezahlungsabwicklung generiert Visa hierbei die höchsten und schnell Skaleneffekte in einem dynamisch wachsenden relevanten Markt.

Zweitens betreibt Visa seine Plattform für Dritte offen und hat unzählige Partnermodelle, um mehr Verkehr auf die Plattform zu bringen – im netzgebundenen Markt die ökonomisch logische, weil gewinnbringendste Strategie für den Betreiber der größten Plattform. Es geht also um Volumenmaximierung, die bei geringem Kapitalaufwand, lächerlich geringem recurring Capex und einem Opex von fast null für den inkrementellen Verkehr zu einer Margenmaximierung führt.

Die zunehmende Online/Mobil-Bezahlung beschleunigt die Marktführerschaft von Visa und die Profitabilität nochmals: Während am klassischen Point of Sale beim Händler als Plattformzugangspunkt weltweit rund 15% aller elektronisch abgewickelten Umsätze über die Visa-Plattform laufen, sind es online/mobil sogar 43%. Visa ist DER Gewinner des Online-/Mobil-Bezahlens!

Das verwundert auch nicht: Visa hat erstens weltweit das mit großem Abstand dichteste Netz mit 16.000 issuers/aquirers, die an Visas Markterfolg mehrfach mitverdienen (Kartenvermarktung, Transaktionsabwicklung); zweitens hat Visa mit ca. 44 Mio. Händlern das dichteste Zahlungsakzeptanznetz, weshalb Visa aus Kundensicht ein sehr komfortables Bezahlmedium darstellt. Und weil Visa mit seinen enormen Größenvorteilen die mit großem Abstand höchsten Margen aller Bezahldienstleister erwirtschaftet, kann Visa den Acquirern und Issuern einen für sie attraktiven Wertschöpfungsanteil überlassen, so dass sie hohe Anreize zur Vermarktung von Visa-Produkten haben, weshalb für fast alle Banken weltweit die Zusammenarbeit mit Visa eine wichtige Umsatzquelle ist.

Des Weiteren kann Visa Großkunden wie jüngst Cosco und USAA, die zusammen rund 25 Mio. Kunden-Kreditkarten auf die Visa-Plattform bringen, an der Wertschöpfung beteiligen, weshalb die Anzahl der Visa-Kreditkarten weltweit mittlerweile rund 3,2 Milliarden (!) erreicht.

Wie enorm hoch die Attraktivität der engmaschigen Visa-Plattform ist, zeigt sich auch daran, dass mittlerweile sogar PayPal mit Visa kooperiert, die einst als Herausforderer der Kreditkartenfirmen angetreten war: PayPal gibt Visa-Karten heraus, so dass PayPal-Kunden am Point of Sale oder mobil zahlen können, die Abrechnung/Abwicklung erfolgt über das Visa-Netzwerk. Denn es wäre für PayPal viel zu zeit- und kostenaufwändig, das Kartengeschäft technisch und vertrieblich selber aufzubauen und abertausende Verträge mit Aquirern abzuschließen. Aus demselben Grund, und weil sie Zugang zum Händlernetzwerk von Visa bekommen, das sie selber nur in vielen Jahren aufbauen könnten, kooperieren Apple, Google und Samsung bei ihren Mobilbezahllösungen mit Visa, sie docken an die Visa-Plattform an und die Partner teilen sich die Wertschöpfung auf.

Deshalb glauben wir, dass Visa sein enormes Wachstum künftig eher noch beschleunigen und noch gigantischere Skaleneffekte generieren wird.

Dafür gibt es zwei Gründe… 

Erstens werden weltweit trotz des dynamischen Trends zu elektronischer Bezahlung immer noch 85% des Bezahlvolumens in Cash abgewickelt. Mit den skaleneffektbedingten hohen und steigenden Margen kann Visa weiter hohe finanzielle Anreize für Plattformpartner und Großkunden für eine weitere und beschleunigte Substitution des Cash-Bezahlens setzen, weshalb wegen des minimalen Kosteninkrements die Margen noch mehr ansteigen, wodurch die finanziellen Anreize für Partner/Kunden, falls nötig, nochmals erhöht werden können. Das Umsatzwachstum speist also das Margenwachstum, das wiederum das Umsatzwachstum pusht, was das Margenwachstum erneut beschleunigt.

Zweitens beginnen zunehmend mehr Staaten, meist vorsichtig, manche konsequenter, mit einer Demonetisierung der Bezahlung. Seit etwa die indische Regierung im November 2016 erste Schritte zur Demonetisierung umgesetzt hat (Abschaffung von Geldscheinen mit hohem Nennwert) hat sich das wertmäßige Transaktionsvolumen auf der Visa-Plattform in Indien verdoppelt (!), wie CFO Prabhu im Analysts Call darlegte. In Schweden, wo fast nur noch elektronisch bezahlt wird, wächst Visa ebenfalls mit über 25%.

Visa ist der einzige börsennotierte Weltmarktführer, der seit Jahren eine Kombination aus robust zweistelligem Umsatzwachstum und einer unfassbar hohen Profitabilität mit FCF-Margen im Bereich um 50% schafft. Visa stellt damit selbst Apple und Google in den Schatten.

Die wichtigen Details IM ÜBERBLICK… 

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