„Die Zinsschraube hat für unsere Tech-Firmen keine Relevanz.“

Als langfristige, unternehmerisch denkende Investoren treibt uns um, welche Auswirkungen sich verändernde Rahmenbedingen auf unsere Firmen haben. Vorweg sei gesagt, die Auswirkungen sollten unserer Investmentphilosophie nach immer gering bzw. für die Unternehmen kompensierbar sein. Der Reihe nach: In Folge der weltweit gestiegenen Inflation ist nunmehr damit zu rechnen, dass die Notenbanken,  insbesondere die Fed, die Zinsen schneller und stärker anheben werden als von vielen Marktteilnehmern ursprünglich erwartet.

Die Botschaft an Investoren muss unseres Erachtens aber dennoch weiterhin lauten, dass die Realzinsen, also die Zinserträge abzüglich Inflation, weiterhin sehr niedrig bzw. negativ bleiben. Die Folge der in Aussicht gestellten Zinserhöhungen waren dennoch stärkere Kursrücksetzer bei vielen Aktien im Allgemeinen, insbesondere bei den als zinsreagibel geltenden Wachstumsfirmen aus dem Technologiesektor.

Die Verlierer steigender Zinsen

Welche Auswirkung hat die Anhebung der Zinsen für Unternehmen? Hier sind im Wesentlichen zwei Folgen zu beachten:

  1. Gewinne, die heute zur Verfügung stehen, sind mehr wert als Gewinne in der Zukunft. Da man den Unternehmenswert anhand der in der Zukunft zufließenden Zahlungsströme errechnen kann, ergibt es Sinn, dass diese abgezinst werden müssen. Steigende Leitzinsen erhöhen diesen Diskontierungssatz.
  2. Durch die steigenden Zinsen erhöhen sich die Kosten für die Refinanzierung von Fremdkapital. Im Gegensatz zu Eigenkapital, gibt es bei Darlehen, Anleihen, Leasingverträgen und Pensionsverpflichtungen feste Fälligkeitsfristen. Hier können für Unternehmen zusätzliche Kosten für Zinszahlungen entstehen, wenn sie sich in einer Phase steigender Zinsen refinanzieren müssen.

Punkt 2, Zinserhöhungen, wirken sich insbesondere auf Unternehmen mit hoher Verschuldung aus. Viele kapitalintensive Firmen mit chronisch schwachen Margen und begrenzten Skaleneffekten bei hoher Wettbewerbsintensität weisen diese Kapitalstruktur auf. Häufig sind hohe Fremdkapitalquoten auch ein Zeichen mangelnder Qualität. Qualitativ schwache Unternehmen nutzen diese häufig dazu, ihre Eigenkapitalrendite künstlich zu erhöhen. Genau an dieser Art von Unternehmen waren und sind wir nicht beteiligt und werden wir auch zukünftig nicht beteiligt sein. Wie die Geschäftszahlen und die Bilanzen belegen, stellen unsere Portfoliounternehmen das Gegenteil dar.

Unsere Portfoliofirmen sind entweder gering verschuldet oder weisen gar Netto-Cash- Positionen aus. Zudem können sie die verfügbaren Cashflows innerhalb weniger Jahre vervielfachen. Unsere Unternehmen sind daher bei ihrer Finanzierung nicht auf Fremdkapital angewiesen oder können sich neues Geld aufgrund ihrer Finanzstärke vergleichsweise günstig am Kapitalmarkt beschaffen. Diese Punkte führen dazu, dass unsere Portfoliofirmen im Gegensatz zu schlechter positionierten, kapitalintensiven und (höher) verschuldeten Firmen an relativer Stärke gewinnen, da sie im Vergleich zu den Wettbewerbern noch mehr Power für Innovationen und die Gewinnung neuer Marktanteile besitzen.

Börsendogma Zinsreagibilität bei Wachstumsfirmen:

Der erste Punkt wirkt sich insbesondere auf Wachstumsfirmen aus, die heute größtenteils noch keine positiven Zahlungsströme erwirtschaften. Die Unternehmen werden in erster Linie aufgrund von Versprechungen einer rosigen Zukunft gekauft. Die in der Theorie möglichen großen Gewinne werden oft erst in sehr vielen Jahren in der Zukunft erwartet. Kleinere Zinsänderungen haben hier erhebliche Auswirkungen. Tacheles: Die Aktienkurse vieler Wachstumsfirmen, insbesondere aus dem Technologie- Bereich, deren Geschäftsmodelle sich erst noch als tragfähig, robust und profitabel erweisen müssen und die bisher noch (größtenteils sehr deutlich) Free Cash Flow- negativ sind und die zudem sehr deutlich überbewertet waren und es -auch nach dem Kurssturz vieler dieser Aktien- auch immer noch sind, wurden abgestraft und mit ihnen diejenigen Marktteilnehmer, bei denen Gier mit ein Grund für ihre  Investitionsentscheidung war.

Das Börsendogma: Immer wieder ist zu lesen, dass Technologiefirmen im Allgemeinen zinsreagibel seien, also unter steigenden Zinsen überproportional litten. Für unsere „Consumer-Tech-Firmen“, deren Produkte und Dienstleistungen von Verbrauchern und Unternehmen stabil nachgefragt werden und deren Margen dauerhaft hoch sind, auch in der Rezession, weshalb sie auch über alle Konjunkturzyklen hinweg sehr gut verdienen und zudem fair bewertet sind, gilt dies nicht! Wer, wie im Falle unserer Consumer-Techs, alle vier oder fünf Jahre den Free Cash Flow verdoppelt, muss bei der Discounted-Cash- Flow-Betrachtung keine Sorge vor einem um z. B. 200 bps höheren risikofreien Zins haben. Fakten am Beispiel von Alphabet:

  • Die Free Cash Flow-Marge im Geschäftsjahr 2021 beträgt stolze 26%.
  • Der Free Cash Flow in 2021 zum Augen reibende 67 Mrd. USD. Dies entspricht einer Steigerung von gut 56% (!), von bereits hohem Vergleichsniveau kommend. Denn das schon seit vielen Jahren hohe Beschleunigungstempo beim Free Cash Flow-Wachstum nimmt wegen der wenig überraschenden, gleichwohl extrem hohen Skaleneffekte des Geschäfts zu:
  • 2019: Steigerung des Free Cash Flows um +35%
  • 2020: Steigerung des Free Cash Flows um fast +39%
  • 2021: Steigerung des Free Cash Flows um +56%

Zur Verdeutlichung in absoluten Zahlen, gerundet:

  • Free Cash Flow 2018: 23 Mrd. USD
  • Free Cash Flow 2019: 31 Mrd. USD
  • Free Cash Flow 2020: 43 Mrd. USD
  • Free Cash Flow 2021: 67 Mrd. USD

Alphabet hat also den Free Cash Flow innerhalb von vier Jahren verdreifacht bei gleichzeitiger Umsatzverdoppelung im selben Zeitraum. Die weiter wachsende Netto- Cash-Position ist inzwischen auf 143 Mrd. USD angeschwollen, trotz extrem hoher Aktienrückkäufe in Höhe von 50,3 Mrd. USD. Und diese Firma mit außergewöhnlicher Stärke und Dynamik ist mit dem aktuell ca. 25fachen des Free Cash Flows bzw. des ca. 21fachen des Free Cash Flows 2022e günstig zu kaufen.

Wie bei unseren anderen Consumer-Techs, die extrem hohe Margen besitzen und seit langem ihre Unternehmensgewinne robust und stark steigern, fallen die Veränderungen beim Fair Value bei der Discounted-Cash-Flow-Betrachtung als Folge von einigen Zinserhöhungen nicht ins Gewicht!

Bezogen auf unsere Consumer-Techs handelt es sich bei der Aussage, alle Technologiefirmen seien zinsreagibel, um ein Börsendogma, das man mit Interesse verfolgen sollte, das aber auch eher zügig wieder verschwindet. Wichtig ist, dass unsere robusten Tech-Firmen weiter dominant bleiben und weiterhin robust sehr gut verdienen. Das ist mehr als eindrucksvoll der Fall, wie die sehr starken und immer stärker werdenden Geschäftszahlen von z. B. Apple, Alphabet, Microsoft und Visa zeigen. Obwohl diese Firmen stark in neue Geschäftsfelder investieren, verdienen sie stetig massiv mehr. Wie bereits mehrfach erwähnt, stehen unseres Erachtens die großen Consumer-Techs erst am Anfang eines noch höheren Wachstumspfades. Ein hoher Cash Flow produziert noch höheren Cash Flow, weil man mehr Möglichkeiten und eine größere Power hat, immer Neues zu entwickeln und immer mehr Märkte für  sich zu gewinnen. Und wegen der sehr hohen Skaleneffekte wird das ‚Mehr‘ exponentiell größer. Entsprechend positiv wurden die Ergebnisse oben erwähnter Firmen auch von der Börse aufgenommen. Seit Jahresanfang konnten sich die erwähnten Portfoliofirmen dem allgemeinen Börsentrend und dem oben geschilderten „Börsendogma“ jedoch nicht entziehen. Deshalb haben wir als langfristig denkende und auf Qualität zu  angemessenen Preisen achtende Investoren schrittweise und behutsam hinzugekauft und werden dies auch bei weiterhin schwachem Marktumfeld tun. Nicht nur bei den Consumer-Techs, sondern ebenso bei unseren Consumer Staples, die das Fundament des Unternehmerfonds darstellen. Was mich kurz zum nächsten Auslöser der aktuellen Börsenschwäche kommen lässt, dem Ukraine-Konflikt.