Sektorrotation – Unser Standpunkt / Analyse Deutsche Lufthansa

Der Wagner & Florack Unternehmerfonds weist langfristig eine risikoadjustierte Outperformance gegenüber den gängigen Indizes auf. Outperformance ja, aber nicht in jeder Marktphase bzw. nicht aktuell. Der Grund: Die Hoffnung auf einen konjunkturellen Aufschwung und der damit verbundene überproportionale Kursanstieg zyklischer Aktien. Wir legen unseren Fokus weiterhin auf echte Qualität. Belohnt wurden und werden wir langfristig mit einer hohen Performance bei gleichzeitig vergleichsweise niedrigen Schwankungen.

 Am Anfang war es die steigende Hoffnung auf einen Impfstoff, nun sind es die näher rückenden Massenimpfungen und die damit verbundene Hoffnung auf einen konjunkturellen Aufschwung: Seit November des vergangenen Jahres stehen die Aktien zyklischer Unternehmen in der Gunst vieler Anleger. Unternehmen aus Branchen, die von den Lockdowns besonders getroffen wurden, sind überproportional gestiegen; von Aktien von Fluggesellschaften, über Autobauer, Unternehmen der zyklischen Industrie im Allgemeinen bis hin zu Banken. Aktien von Qualitätsunternehmen und auch etliche unserer Portfoliounternehmen wurden hingegen links liegengelassen oder sind gar im Kurs gefallen (siehe Schaubild 2), obwohl sich das Geschäft sehr gut entwickelt und sogar in der „Corona-Rezession“ weiter verbessert hat. Dies hat zu einer kurzfristigen Underperformance unseres Wagner & Florack Unternehmerfonds geführt (Wertentwicklung 2021 (YTD) der I-Anteilsklasse: -1,11%; Stand: 10.03.2021). Als einen weiteren Grund sind die Kursrücksetzer von Technologie-Unternehmen zu nennen. Viele Technologie-Unternehmen waren und sind unseres Erachtens überbewertet, sprich zu „teuer“. Diese Überbewertungen wurden nun partiell abgebaut. Im Zuge dieses nachvollziehbaren Bewertungsabbaus haben aber auch die Aktien von Technologieunternehmen im Preis nachgegeben, die -im Vergleich zum Großteil der anderen am Markt befindlichen Technologieunternehmen- nachhaltig profitabel sind, eine sehr gesunde Bilanz besitzen, weder überbewertet sind, noch waren und die über ein robustes, konsumentennahes Geschäftsmodell verfügen. Aus letzterem Grund zählen wir diese Plattform-Firmen auch zu den nicht-zyklischen Konsumgüterherstellern (z. B. Alphabet, Apple, Visa, Microsoft).

Die Sektorrotation von krisenrobusten Unternehmen hin zu (stark) zyklischen Firmen setzt stets in ersten Erholungsphasen nach stärkeren Rezessionen ein, so auch 2010. Wie lange diese Phase anhält, lässt sich natürlich nicht vorhersagen. In der Regel dauern diese Phasen jedoch nicht lange an und enden dann, wenn zunehmend erkannt wird, dass viele zyklische Firmen -trotz konjunktureller Erholung- eben doch keine nennenswerten Gewinne erzielen, schon gar nicht zuverlässig, dauerhaft und in Rezessionen.

Langfristige Outperformance „Qualitäts-Aktien“(hier: Procter & Gamble, Church & Dwight, Apple) Unternehmensgewinn DER Treiber für den Unternehmenswert

Zeitraum: 5 Jahre (26.02.2016 – 26.02.2021); Kurschart | Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung. Alle Angaben in Euro und ohne Gewähr.

Kurzfristige Underperformance „Qualitäts-Aktien“

Zeitraum: 02.11.2020 – 26.02.2021; Kurschart | Quelle: Bloomberg, eigene Darstellung. Alle Angaben in Euro und ohne Gewähr.

Zykliker wie beispielsweise Banken, Fluggesellschaften oder der Schwerindustrie erfüllen unsere Qualitätsansprüche weder in der Baisse noch in der Hausse, da hier u.a. intransparente Geschäftsmodelle, schlechte Planbarkeit von Umsätzen und Investitionen sowie eine hohe Kapitalintensität und hohe Verschuldungen zum einen die ökonomische Gewinnentwicklung grundlegend stark hemmen, zum anderen das substanzielle Geschäftsrisiko eines anhaltenden Ertragskraftverlustes stark erhöhen. Salopp formuliert: Langfristig geringe Renditeerwartung bei gleichzeitig hohen Risiken. Wir möchten nicht Miteigentümer von Firmen mit gravierenden Risiken sein, auch nicht kurzfristig (zumal „Timing“ in der Regel nicht funktioniert).

Für die strikte Vermeidung dieser hohen Risiken müssen wir in Konsequenz bereit sein, eine kurzfristige Underperformance während früher konjunktureller Aufschwungphasen zu akzeptieren.

Es war uns auch in der Vergangenheit immer wichtig, auf diesen Punkt hinzuweisen (z. B. Investorenbrief 09/2020; Punkt IV).

Langfristig gilt: Die Beteiligung an profitablen Qualitäts-Unternehmen mit krisenresistenten Geschäftsmodellen bringt eine hohe Wertentwicklung und eine hohe fundamentale Investitionssicherheit bei gleichzeitig vergleichsweise sehr niedrigen Schwankungen mit sich, inklusive (risikoadjustierter) Outperformance. Und echte Qualität gibt es jetzt etwas günstiger.

 Warum wir nicht Miteigentümer z. B. bei der Deutschen Lufthansa sein möchten, auch nicht kurzzeitig, und warum wir lieber dauerhaft „in Qualität investieren“, zeigt unsere Kurzanalyse zu Lufthansa:

In 2020 betrug der Verlust des „unternehmerischen Gewinns“ (Free Cash Flow) rd. 3,7 Mrd. EUR, das entspricht einer Free Cash Flow-Marge von rd. -27% des Umsatzes. Dabei belaufen sich die Nettoschulden mittlerweile auf rd. 20 Mrd. EUR (hiervon alleine 9,5 Mrd. EUR Pensionsverpflichtungen), wodurch die Eigenkapitalquote bei sehr niedrigen 3,5% liegt. Selbst bei starkem Geschäft können selten über 3% Free Cash Flow-Marge erzielt werden. Damit liegt der unternehmerische Gewinn im eingeschwungenen Zustand zwischen 500 Mio. EUR bis 1 Mrd. EUR Free Cash Flow, die Verzinsung des eingesetzten Gesamtkapitals erreicht keine 4% ROCE. Zum Vergleich: Selbst unsere -im positiven Sinne gemeinten- langweiligen Hersteller von Gütern des alltäglichen Bedarfs (von Zahnpasta, über Waschmittel bis Kaffee) weisen Free Cash Flow-Margen von 10% bis 25% sowie ROCE´s zwischen ebenso 10% bis 25% und mehr auf. Und das verlässlich.

Bei einer aktuellen Marktkapitalisierung von über 7 Mrd. EUR zuzüglich der Nettoschulden beträgt der Unternehmenswert der Lufthansa das 27x bis 55x des Free Cash Flows, was die drastische Überbewertung eindrucksvoll aufzeigt. Bei einem Mittelwert von rd. 40x Free Cash Flow zeigt sich, wie vergleichsweise günstig unsere vermeintlich hoch bewerteten Portfoliounternehmen Hermès, Danaher oder Lindt & Sprüngli angesichts der hohen Qualität von Geschäftsmodell und Bilanz in Wahrheit sind.

Auch bei einer deutlich niedrigeren Bewertung von beispielsweise 15x Free Cash Flow würden Fluggesellschaften für uns kein überlegenswertes Investment darstellen, da das Geschäftsmodell keines unserer Kern-Kriterien erfüllt:

Geringer Kapitaleinsatz: nicht gegeben. Flugzeuge weisen hohe Anschaffungspreise und hohe Erneuerungsraten auf.

Hohe Skaleneffekte: nicht gegeben. Theoretisch hohes Wachstum würde hohe Investitionen in Form von Anschaffungs- und Set-up-Kosten verursachen. Der Ausbau von Produktionskapazitäten ist bei unseren Konsumgüterherstellern weit günstiger in Relation zum erzielten Umsatz, die CAPEX-Quote ist weit niedriger bei Fabriken für Zahnpasta als bei Flugzeugen. Zusätzlich sind Größen- und Verbundvorteile bei unseren Konsumgüterherstellern deutlich größer: Produktinnovationen und Zukäufe können leicht in das große Vertriebsnetz gebracht werden, ohne hohe Set-up-Kosten zu verursachen.

Innovationskraft, Produktneuerungen/-verbesserungen: Geschäftsbedingt kaum gegeben.

Hohe Burgmauern: Nicht gegeben. Die Wettbewerbsintensität ist sehr hoch, wie die über die letzten Jahre oft diskutierte Rivalität zwischen ‚Legacy Carrier‘ und ‚Low-Cost Carrier‘ wie beispielsweise Ryanair zeigt. Markenloyalität ist kaum gegeben.

Preissetzungsmacht: Kaum gegeben. Die hohe Wettbewerbsintensität und Low-Cost Carrier sorgen für starken Preisdruck bei geringer Möglichkeit der Produktdifferenzierung.

Hohe Free Cash Flow-Marge und hohe Gesamtkapitalverzinsung: Nicht gegeben. Das Geschäft ist mit unter 3% Free Cash Flow-Marge überaus margenschwach, die Gesamtkapitalverzinsung kommt kaum über ehemalige Einlagezinsen hinaus.

Robustheit: Nicht gegeben. Die starke Zyklik des Geschäfts liegt auf der Hand. Bei positiver Konjunktur müssen Kapazitäten kostenintensiv ausgebaut werden, welche in darauffolgenden konjunkturellen Schwächephasen ungenutzt bleiben und dabei hohe laufende Kosten verursachen. Dabei erfordert eine beständig hohe Kapitalverzinsung eine beständig hohe Auslastung der Produktionskapazitäten.

In Anbetracht des zuletzt stark gestiegenen Aktienpreises der Lufthansa zeigt sich, dass sich kurzfristig zwar theoretisch hohe Spekulationsgewinne erzielen lassen würden. Da man das kurzfristige Timing aber nicht mit hinreichender Zuverlässigkeit wiederholt treffen kann, sehen wir kategorisch von kurzfristigen Spekulationen ab. Dadurch vermeiden wir konsequent das deutlich höhere Risiko von Zyklik und Timing.

Langfristig zeigt sich, dass die dauerhafte Beteiligung an erstklassigen Geschäftsmodellen hoher Qualität unserer Auffassung nach die zuverlässigste Form der Wertsteigerung zur Vermögensbildung darstellt.

Auszug aus dem Investorenbrief von März 2021. Zum vollständigen Investorenbrief 03/21.

Highlights unserer Unternehmen H1/2020

Zum operativen Geschäft unserer Portfoliofirmen während des Lockdowns

Wie bereits im neuen Newsletter umgesetzt, werden wir zukünftig regelmäßig über Highlights unserer Portfoliounternehmen und deren operatives Geschäft berichten.

Auch wenn wir in der Vergangenheit mehrfach auf unsere signifikante Outperformance – insbesondere in schwierigen Marktphasen – eingegangen sind, so möchten wir doch erneut betonen, dass wir nicht bloß in Aktien als Finanzpapiere, sondern gemeinsam in Unternehmen selbst investieren – in deren kapitalleichte und modernste Fabriken, die etablierten Marken mit weltweitem Wiedererkennungswert und treuen Kundschaft sowie die marktführenden Produkte, die hochengagierten Teams, das integre Management, die erstklassigen Geschäftsmodelle.

Wir sehen uns als langfristige, unternehmerische Miteigentümer an einer erlesenen Auswahl von Weltklassefirmen. Als solche stehen für uns das operative Geschäft und die Firmen selbst omnipräsent im Vordergrund.

Die Anerkennung und das Verständnis für die exzellent hochprofitable Bewältigung der drastischen Nachfrage- und Absatzveränderungen unserer Portfoliofirmen im Zuge der Lockdowns im ersten Halbjahr 2020 suchen wir in der medialen Berichterstattung vergebens.

  1. Apple
  2. Church & Dwight
  3. General Mills
  4. Reckitt Benckiser
  5. Nestlé: Akquisition „Aimmune Therapeutics“
  6. Visa

1. Apple

Q3 2019/2020: Bahnbrechend starkes Wachstum bei Umsatz und Unternehmensgewinn!

Trotz zeitweise geschlossener Verkaufsstätten realisiert Apple ein dynamisches organisches Umsatzwachstum von 10,9% auf 59,7 Mrd. USD, alle Produktlinien und alle Absatzregionen mit solidem bis starkem Wachstum. Die Gerätebasis überschritt bereits zum ersten Quartal die 1,5 Mrd, weiter steigend.

Bei 26% Free-Cash-Flow-Marge steigt der absolute Free Cash Flow über die ersten 3 Quartale kumuliert (9M) um +30,6% (sic!) im Vergleich zum Vorjahr und liegt damit nur 4,2 Mrd. USD unter dem hohen absoluten Free Cash Flow des gesamten Geschäftsjahres 2019. Allein in 9M produziert Apple mehr Cash als alle DAX 30-Firmen zusammen in einem ganzen Geschäftsjahr! Dass Apples Börsenwert höher ist als der aller DAX 30-Firmen zusammen, ließt man öfter – wir vermissen den wesentlichen Blick für den unternehmerischen Gewinn.

Wir sind bereits seit Strategieumstellung 2016 signifikant investiert und haben beständig nachgekauft. Split-bereinigt liegt der Kurs bei über 450 USD. Zur Erinnerung: Carl Icahn verkaufte seine gesamten Anteile in 2016 bei unter 100 USD wegen der vermeintlich maximalen Anzahl aktiver iPhones. Warren Buffett und Charlie Munger stiegen kurz darauf ein und kauften vor allem auch bei über 160 USD weiter nach, also auch bei mehr als 60% über dem ursprünglichen Einstiegskurs. Mit unternehmerischem Weitblick und Verständnis für Apples gesamtes Geschäftsmodell nutzten auch wir die Kursschwäche für beständige, portionsweise Nachkäufe.

Apples Geschäftsmodell des einzigartigen Ökosystems: Die besten Produkte in allen Bereichen anbieten, um die Nutzung der Services voranzubringen und eine einheitliche Plattform bieten zu können. iPhone, Mac, iPad, iPod, AppleTV, iWatch, AirPods, HomePod – alle in schönstem Design, bester Produktqualität und Benutzerfreundlichkeit als geschlossenes Ökosystem durch die iCloud vernetzt.

Dabei haben wir die Portfoliogewichtung eines jeden Portfoliounternehmens im Auge. Einzig aus diesem Grunde haben wir zuletzt Apples Portfoliogewichtung geringfügig reduziert – zuvor beherzte Nachkäufe bei der drastischen Unterbewertung in Kombination mit dem zuletzt starken Kursanstieg resultierte in einer zu hohen Gewichtung. Ein künftig nicht unwahrscheinliches (auch stärkeres) Durchatmen des Aktienkurses wird uns als langfristige, unternehmerisch denkenden Miteigentümer an einer solch brillanten Firma nicht beirren, denn der tatsächliche Firmen-Wert wird, unabhängig vom Preis, weiter steigen. Wir investieren nach Möglichkeit in Firmen, die wir vorzugsweise nie verkaufen wollen. Charlie Munger beim Berkshire Annual Meeting 2019, auf die Frage hin, wie er den richtigen Verkaufszeitpunkt erkenne:

„But other people know more about exiting. I’m trying never to have to exit. So you’re talking to the wrong – I think there are working styles of investments that work well with constant exits. It just hasn’t happened to be my forte. So I’m no good at exists. I’m not even looking for exits. I’m looking for holds. Think of the pleasure I’ve got from watching Costco march ahead. Such an utter meritocracy and it does so well.

2. Church & Dwight

Q2/2020: Brillantes Geschäftsmodell, brillante Umsetzung, brillantes Quartal!

Nach unfassbaren 9,4% in Q1 nun erneut extrem hohe 8,4% organisches Umsatzwachstum (im Geschäftsjahr 2019 starke +4,4%), Free Cash Flow-Marge 20,9%. 
Was für eine Dynamik und klasse Margen für einen kleinen US-Hersteller von zahlreichen Nischenprodukten, aber auch Wasch- und Reinigungsmitteln, Zahnpasta, Katzenstreu, Trockenshampoo, etc, dessen „Arm & Hammer“-Produkte seit vielen Jahrzehnten 94% der US-Haushalte nutzen! 

Wie CEO Farrell während der Telefonkonferenz zum Quartal erwähnte, sind Auslieferung und Nachfrage nach den lockdown-bedingten weitreichenden Veränderungen bei der Nachfragestruktur, der entsprechend geänderten Beschaffung und massiv ausgeweiteten Produktion, den vielfältigen Anpassungen der Verpackungsgrößen sowie nach stärkerer Normalisierung von Supply Chain und Distribution (die auch im Lockdown jederzeit sehr hohe Erfüllungsquoten sicherstellen konnten) mittlerweile in allen 15 Produktkategorien des Konzerns wieder in besserer Balance. 
Die von Church & Dwight in den USA gerade im April (akute Lockdown-Phase) beobachtete eingeschränkte Mobilität von Konsumenten hat dagegen wie bei Wettbewerbern den Absatz bei einigen Produktkategorien im Bereich Personal Care gebremst, so bei Mundduschen der Marke Waterpik (im April 55% Absatzeinbruch – viele Vertriebskanäle hatten im April ihre Läden geschlossen, etwa Elektromärkte und in den USA verbreitete Zahnreinigungs-/weisser-Shops, gerade letztere sind für Waterpik ein großer Vertriebskanal), bei Trojan-Kondomen und bei Batiste Trockenshampoo. Dennoch ist das Personal Care-Geschäft von Church & Dwight organisch um 8,8% gewachsen, wesentlich wegen des Vitamin-Geschäfts.

Solch drastische Nachfrage- und Absatzveränderungen so exzellent zu exekutieren, schaffen nur wenige Firmen weltweit. Die Anerkennung hierfür vermissen wir auf ganzer Flur. Kapitalintensive Geschäftsmodelle hätten bei solch drastischen Änderungen stark sinkende Umsatzzahlen bei negativem Free Cash Flow noch auf Jahre berichtet.

Ähnlich sieht es auch bei folgenden beiden Portfoliofirmen aus:

3. General Mills

Q4 2019/2020: Quartal des Lageraufbaus lässt in Home- und Personal Care-Margen-Niveau vorstoßen

16% organisches Umsatzwachstum, Free Cash Flow-Marge plus 3,2 Prozentpunkte auf 17,9%.
Damit schlägt General Mills als Hersteller verpackter Lebensmittel, Eiscreme und Tiernahrung beim organischen Umsatzwachstum alle ebenfalls sehr dynamisch gewachsenen Wettbewerber um Längen – was am Produktportfolio liegt: der Anteil von „at-home food“ wie Cerealien, Fertiggerichten, Fertigbackprodukten, Suppen und Joghurt ist bei General Mills mit rd. 85% sehr hoch; das sind wesentlich diejenigen Produktkategorien, die – bei sehr hohen Margen – üblicherweise nur langsam wachsen, derzeit aber in großen Mengen nachgefragt werden. „At-home food“ wird aktuell zudem bevorzugt in besonders großen Portionen gekauft, ganz besonders in den USA/Kanada, dem Hauptmarkt von General Mills (82% Anteil am Konzernumsatz).

Damit wird auch deutlich, dass General Mills das enorm hohe Wachstum durch Lageraufbau der Händler operativ so beeindruckend bewältigt hat, wie die anderen gut geführten Konsumgüterhersteller: 
Eine effiziente Exekution in der Supply Chain, der Produktion, der Produktentwicklung und der Distribution hat erstens eine schnelle Umstellung auf größere Verpackungen und eine deutliche Erhöhung der Produktionsmenge ermöglicht, Zudem waren die Produkte auch pünktlich in den Regalen der Händler und in den Lagern der Online-Vertriebskanäle. Zweitens wurden noch mehr neue Produkte gerade bei den „at-home“-Marken vermarktet, aber anders als sonst wurden kaum Preiserhöhungen vorgenommen, um Absatz und Kundenbindung in dieser besonderen Lage zu erhöhen, drittens wurden die neuen Produkte verstärkt beworben.

General Mills, die fast immer herausragend verdienen und das besser als alle Wettbewerber (auch besser als Nestlé), hat im Quartal des Lageraufbaus so noch deutlich mehr als sonst verdient und stößt mit der Free Cash Flow-Marge von knapp 18% sogar als einziger Lebensmittelhersteller mit großem Abstand zu dem deutlich höhere Margenniveau der profitabelsten Hersteller von Home- und Personal-Care vor.

4. Reckitt Benckiser

Q2/2020: Quartal des Lageraufbaus Nr. 2

Nach unglaublichen 13,3% nun erneut dynamische 10,5% organisches Umsatzwachstum, im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 18,4% Free Cash Flow-Marge .
Die Nachfrage hat sich im Quartal 2 strukturell gegenüber Q1 erneut verändert:

– Home/Hygiene ist in Q2 mit 17,1% organischem Umsatzwachstum (nach 12,8% organischem Umsatzwachstum in Q1) nochmals deutlich stärker gewachsen, da diejenigen Produktkategorien, die Oberflächen desinfizieren, noch stärker abgesetzt werden, vor allem die global starke Marke Lysol (70% Wachstum). Zugleich waren die in Q1 besonders stark abgesetzten Hausreinigungs- und -hygieneprodukte weiter gefragt (wie Cillit Bang, Harpic, Finish, Calgon und Air Wick). Daher hat das Volumen bei Home/Hygiene  mit +17% noch dynamischer zugelegt, und anders als in Q1 hat sich auch Preis/Produkt-Mix um 2% verbessert, wegen der verstärkt abgesetzten Desinfektionsprodukte vorwiegend mixgetrieben. Das heißt, wie in Q1 und wie die Wettbewerber hält sich Reckitt Benckiser aktuell mit Preiserhöhungen weiter zurück, um die Kundenbindung zu erhöhen, stattdessen werden mehr Produkte in größeren Verpackungen verkauft.

-Health verzeichnet in Q2 mit 5% organischem Umsatzwachstum (nach 13,6% in Q1) ein nachlassendes Wachstumstempo. Erklärung: 
Erstens hat bei freiverkäuflichen Arzneimitteln (OTC / over the counter) ein Lagerabbau stattgefunden. In Q1 wurden mehr Grippemittel wie Mucinex und Strepsils (in Deutschland mit dem Markennamen Dolo-Dobendan) sowie Schmerzmittel wie Nurofen nachgefragt, während der OTC-Absatz in Q2 um 12,7% gefallen ist. Zweitens hat Durex verloren, da hier länderübergreifend kein Lageraufbau stattfindet, was daran deutlich wird, dass der Absatz in den Q2-Lockdown-Regionen Europa und Nordamerika gesunken ist, dagegen in China post-lockdown angezogen hat. 
Drittens hat Babynahrung und Scholl-Fußpflegeprodukte in mehreren Absatzregionen weniger verkauft (ebenfalls Lagerabbau nach gutem Q1), was allerdings insbesondere vom sehr starken Absatz der Hautdesinfektionsprodukte der Marke Dettol/Sagrotan überkompensiert wurde. So wurden 340% – sic – mehr Dettol/ Sagrotan Handdesinfektionsgels und für 75 Mio. GBP mehr Handdesinfektionstücher verkauft. 
Der Online-Absatz ist lockdown-bedingt mit +60% erneut sehr stark gestiegen (in Q1 +50%), 12% des Konzernumsatzes wird mittlerweile über Online-Vertriebskanäle erzielt (7% bei Home/Hygiene, 15% bei Health).

Diese Änderungs- und Wachstumsraten wie bei Tech Start-ups gilt es sauber zu bewältigen, in allen Konzernbereichen, Produktion, Supply Chain, Vertrieb und Marketing. Plus Koordination. Chapeau an diese erneut grandiose Managementleistung, ermöglicht durch das Geschäftsmodell! Das gelingt nur wenigen Weltklassefirmen. Hier zeigt sich abermals, wie grandios und wichtig die kapitalleichten Geschäftsmodelle bei beständig hoher Cash-Produktion und treuen Marken tatsächlich sind.

5. Nestlé: Acquisition „Aimmune Therapeutics”

Nestlé übernimmt Aimmune Therapeutics in Kalifornien, an denen sie bereits gut 25% halten, ganz. Für den Rest zahlt Nestlé knapp 2 Mrd. USD aus dem aktuell produzierten freien Barmittelzufluss / Free Cash Flow, wohingegen sich die meisten Firmen bei Übernahmen, aufgrund von erdrückender Kapitalintensität, bestechend niedriger freier Cash-Produktion und überschaubaren Synergie- und Skaleneffekten, stets verschulden. Damit baut Nestlé sein „Health Science“-Geschäft weiter aus, ein Kernelement der Wachstumsstrategie von CEO Schneider, die er mit allerhand Zukäufen konsequent umsetzt, von Atrium mit der Marke Pure Encapsulations bis hin zu jüngst Zenpep (Magen-Darm-Mittel für das Geschäft mit medizinischer Ernährung/Krankenhausernährung, bei dem Nestlé Weltmarktführer ist)  und Vital Proteins (nachhaltig bezogene und hergestellte Ernährungs- und Nahrungsergänzungsmittel mit Fokus auf Ergänzung mit Collagen). Aimmune entwickelt Medikamente gegen Nahrungsmittel-Allergien, die Firma hat seit kurzem das einzige von der amerikanischen Zulassungsbehörde für Lebensmittel und Pharmazeutika (FDA) zugelassene Medikament für Kinder/Jugendliche gegen Erdnuss-Allergie, die weitverbreitetste Nahrungsmittel-Allergie. Nestlé schreibt in der Pressemitteilung: „Aimmune’s Palforzia is the first and only FDA-approved treatment to help reduce the frequency and severity of allergic reaction to peanuts, including anaphylaxis, in children aged 4 through 17.“ Nestlé Health Science hat bereits andere Anti-Allergie-Produkte, erweitert also ihr Produktspektrum. Da der Vertrieb von Palforzia erst startet und andere Wirkstoffe erst in der Entwicklung sind, macht Aimmune bisher kaum Umsatz und verbrennt rd. 150 bis 200 Mio. USD p.a., soll zudem lt. Nestlé erst ab 2022/23 zur Cash-Produktion des Konzerns beitragen. Zentral für ertragsträchtige Akquisitionen sind eine überschaubare Deal-Größe (wichtig für die Machbarkeit der operativen Integrationsabwicklung, ohne das Management wesentlich von seinen eigentlichen Tagesaufgaben abzuhalten), und einfach realisierbare Synergieeffekte. Gerade letzteres wird oftmals stark überschätzt. Das kapital- und management-leichte Geschäft von Aimmune hingegen lässt sich phänotypisch exzellent in das weltweit enorm große Vertriebsnetz von Nestlé unter minimalem Aufwand integreren.

Nutrition (inkl. Krankenhaus-Ernährung) und Health Science dürften dieses Jahr mit rd. 16 Mrd. CHF fast 19% des Konzernumsatzes erreichen. Zu Nestlé Health Science (NHS) laut Halbjahresbericht (genaue Daten publiziert Nestlé nicht): NHS „verzeichnete ein zweistelliges Wachstum, das von einer starken Dynamik bei den Konsumentenprodukten und Medical Nutrition angetrieben wurde. Vitamine, Mineralien und Zusatzstoffe, die allgemein gesundheitsfördernd wirken und das Immunsystem stärken, erfreuten sich nach wie vor einer regen Nachfrage. Garden of Life und Pure Encapsulations [Atrium] verzeichneten ein höheres Wachstum, vor allem im E-Commerce. Persona, ein Abonnentengeschäft mit personalisierten Vitaminprodukten, konnte den Umsatz mehr als verdreifachen. Medical Nutrition verbuchte ein starkes Umsatzwachstum, vor allem bei Produkten für Kinder mit Lebensmittelallergien, medizinischen Produkten für Erwachsene und Vitaflo-Produkten für seltene genetische Krankheiten.“

6. Visa

Q2 & Q3 2019/2020: 17% Umsatzrückgang in Q3 und Visa verdient sich weiterhin extrem.

Trotz der teils heftigen Änderung der Umsatzstruktur erwirtschaftet die weltweit größte Plattform für Zahlungsabwicklung beständig extrem hohe Free Cash Flow-Margen von über 58%! Jenseits der aktuellen pandemie-bedingten Rezessionsbremse gewinnt das Geschäft strukturell immer weiter an Traktion in aussichtsreichen neuen Geschäftsfeldern.

Mehr zu Visa, ihrem Geschäftsmodell und der langfristigen, unternehmerischen Perspektive in unserem Webinar am 24.09.2020 um 9 Uhr.

Link zur Anmeldung.

 


Teil 1: Robustheit in der (Corona-) Rezession

 

Robuste Cash Flows und solide Bilanzen sind die beste „Downside Protection“ und gleichzeitig Garant für langfristige Investitionssicherheit und eine hohe Performance gleichermaßen.

Beispiel: Alphabet Q1/2020

Nachdem wir, wie fast jedes Quartal, eine Nachtschicht mit Frau Porat (CFO) und Herrn Pichai (CEO) verbracht haben, folgend ein paar Anmerkungen zu ihrer exzellenten Arbeit im Berichtsquartal:

Nachbörslich legte der Aktienkurs zunächst 3% zu, schoss dann sogar rd. 7% hoch, als CFO Porat während des Quartal-Calls in der Q&A erläuterte, dass nach gewohnt starkem Umsatzwachstum im Januar und Februar ein Teil des ads-Umsatzes bei Google Search im März mit dem Beginn der corona-bedingten lockdwons weitgehend weggesackt sei, und zwar aus Bereichen wie Reise und zyklischer Konsum wie Mode/Auto/weiße Ware, aber der April kein weiteres Abrutschen des Werbegeschäfts verzeichne.  Zudem habe das Werbegeschäft bei Youtube diesmal besonders dynamisch zugelegt (weil die zu Hause kasernierten Nutzer halt noch mehr Videos angeschaut haben als sonst), genauso wie das Cloud-Geschäft und das Apps-Geschäft. Deshalb ist der Konzernumsatz zwar etwas langsamer gewachsen als im „eingeschwungenen“ Zustand üblich, aber die Wachstumsrate ist selbst jetzt zweistellig. Die konkreten Zahlen sind weiter unten notiert.

Außergewöhnliche Robustheit des Geschäftsmodells

Die Ausführungen von Porat illustrieren die außerordentliche Resilienz des Geschäftsmodells von Alphabet, dessen sieben Plattformen von Google, die mittlerweile jeweils (!) um/mehr als 2 Mrd. Nutzer weltweit haben (Search, Youtube, Android, Play/Apps, Maps, Chrome, Mail), zum Lebensalltag gehören, und die täglich genutzt werden. Alphabet ist also ein moderner „Consumer staples 2.0“. Der Großteil der Google-Plattformen basiert auf dem Werbegeschäft (82% des Konzernumsatzes, 7% kommen vom Cloud-Geschäft, 11% von Play/Apps und dem Hardware-Geschäft), weshalb Porats Äußerung sehr erfreulich war und folglich den nachbörslichen Kurshüpfer ausgelöst hat.

Bottom line ist Alphabet heute ebenfalls noch robuster als vor zehn Jahren, mit starker operativer Marge und deutlich zweistelliger Frre Cash Flow-Marge trotz nochmals erhöhter Investitionen ins Wachstum.

Das alles sind außerordentlich gute Erkenntnisse für uns Investoren!

Die wichtigen Details:

Operatives Wachstum: +15% auf 41,16 Mrd. USD, also rd. 400 bis 500 bps niedrigere Wachstumsrate als sonst.

Das Werbegeschäft legt mit 10,4% auf 33,76 Mrd. USD deutlich langsamer zu als üblich.

Die ads bei Search, Maps etc. wachsen inkl. der Netzwerkpartner mit 7,9% auf 29,73 Mrd. USD lockdown-bedingt vergleichsweise deutlich softer. Allerdings legt Google selber bei Search/Maps mit 11,6% auf 28,54 Mrd. USD weiterhin deutlich schneller zu als die Netzwerkpartner mit 4,1% auf 5,22 Mrd. USD. Google selber wächst also auch jetzt bei Search zweistellig. Die Netzwerkpartner, die immer hinterherhinken, bleiben derzeit noch weiter zurück, was nicht wundert, denn „Google, the winner, takes it all“

Youtube legt mit 33,5% höherem Umsatz auf 4,04 Mrd. USD besonders dynamisch zu, ebenfalls lockdown-bedingt, kann aber das niedrigere Wachstumstempo beim dominierenden Search-Geschäft nicht kompensieren, weshalb das Werbegeschäft im Konzern rd. ein Drittel langsamer zulegt als sonst – wobei 10,4% mehr Werbegeschäft bzw. +11,6% ohne Netzwerkpartner in diesen schwierigen Zeiten ein hocherfreuliches Ergebnis ist.

Neben Youtube ist das Apps-Geschäft der Lockdown-Profiteur, CEO Pichai erwähnte, die Nachfrage nach Apps sei äußerst dynamisch gewachsen, Umsatzzahlen nennt Alphabet weiterhin nicht. Aber Google Play sollte der Wachstumstreiber des Umsatzes von „Google other“ um 22,5% auf 4,4 Mrd. USD sein, denn das Hardware-Geschäft wächst idR hocheinstellig/niedrig zweistellig, auch wenn Nest und Pixel lt. Pichai gut verkauft werden.

Das Cloud-Geschäft legt mit 52,2% auf 2,78 Mrd. USD seit mehreren Quartalen extrem dynamisch zu. Das hat nichts mit den lockdowns zu tun, weil Google wenig im margenschwachen Datenspeichergeschäft ist (deshalb dürfte AWS von amazon besonders stark gewachsen sein, weshalb Analysten jubeln dürften, aber die Margen von AWS dürften vergleichsweise überschaubar bleiben), sondern mit seinen Cloud ML- und Google Suite-Plattformen immer mehr Firmenkunden für höherwertige Cloud-Produkte gewinnt. Deshalb ist unseres Erachtens, wie öfters erwähnt, eh‘ Microsoft Azure der (klar größere) Wettbewerber von Google Cloud und nicht AWS, die das Massengeschäft sehr gut abdecken. Platzhirsch Microsoft Azure und Herausforderer Google Cloud sind DIE Akteure im schnell wachsenden Hochmargengeschäft mit AI-gestützten intelligenten Cloud-Dienstleistungen für Großfirmen. Deshalb wächst vor allem das Großkundengeschäft, in dem sich Google Cloud zunächst auf sieben große Kundenindustrien konzentriert, die einen besonders hohen Bedarf an der Nutzung von Googles AI-Vorsprung haben (etwa Pharma, Retail, Consumer Staples, Finanzen), weiter sehr schnell, die run rate mit Kundenverträgen > 1 Mrd. USD legt lt. Pichai weiterhin in noch höherem Tempo zu als die aktuelle Wachstumsrate beim Umsatz (in der Industrie würde man sagen, „book-to-bill“ sehr deutlich > 1, d. h., die Auftragseingänge sind so hoch, dass der künftige Umsatz zu noch höheren Wachstumsraten führt), wobei Google Cloud keine konkreten Zahlen nennt (die Wettbewerber hören auch zu im Call …).

Zwar bremst selbst Google derzeit bei den Neueinstellungen, und sie streamlinen auch ihren sonstigen Opex lt. Porat, aber Alphabet investiert unverändert ganz massiv ins Wachstum, gerade in Artificial Intelligence (AI), weil sie ihren Vorsprung weiter ausbauen wollen und damit Search, Cloud und auch z.B. Waymo weiter pushen wollen, außerdem investieren sie weiterhin erheblich in das Großkunden-Cloud-Geschäft und in einige bets wie Waymo, also ins autonome Fahren, und Galico, die viele Forschungsprojekte mit Pharma-/Biotechfirmen von Novartis bis Pfizer zur AI-gestützten Entwicklung von neuen Medikamenten/Impfstoffen haben. Entsprechend hat Alphabet seine F&E-Ausgaben erneut um 13,1% auf 6,82 Mrd. USD hochgefahren (16,6% des Umsatzes!! – das ist ein höherer Anteil als alle Techs und z.B. forschungsintensive Pharmas!), und auch die Investitionen legen um enorm hohe 29,5% auf 6 Mrd. USD zu (14,4% des Umsatzes).

Wie kapitalintensiv ist Alphabet wirklich

Nun könnte man meinen, Alphabet sei mit F&E-Kosten und Capex von kumuliert 31% ein geradezu extrem kapitalintensives Geschäftsmodell (der Wert ist z.B. noch höher als bei äußerst kapitalintensiven Geschäften wie Auto, Maschinenbau oder Ölförderung), was aber ein völlig falscher Eindruck wäre. Denn Alphabet erobert mit Brachialgewalt neue, dynamisch wachsende Geschäftsfelder wie die AI-basierte Cloud, das Videogeschäft, das autonome Fahren, baut eigene Plattformen weiter aus, wie z.B. Maps, welches sich zunehmend zu einem Reise-, Freizeit- und Bewertungsportal fortentwickelt, welches gerade junge Leute immer intensiver nutzen, auch mehr und mehr wie ein soziales Medium (und weshalb das ads-Geschäft bei Maps sehr dynamisch wächst), baut das AI-basierte Pharmageschäft bei den bets Calico/Verily, also die Wirkstoffentwicklung mit Partnern (welches natürlich auch das Cloud-Geschäft befeuert) aus etc. Alphabet setzt also seine enorm hohen Margen ein, um noch schneller zu wachsen, um in noch mehr Geschäftsfelder vorzudringen und dort zu dominieren, und um noch mehr zu verdienen.

Jedes einzelne Konzerngeschäft, vor allem das Kerngeschäft Search und die „umliegenden“ virtuellen Plattformen wie Maps oder Android sind nicht kapitalintensiv, haben umgekehrt enorm hohe Skaleneffekte, und zwar sowohl angebotsseitig (Größen- und Verbundvorteile), als auch nachfrageseitig (Netzwerkeffekte). Die daraus entstehenden extrem hohen Margen erlauben es Alphabet, in immer mehr neue Geschäftsfelder vorzudringen und weitere cash cows aufzubauen. Da Alphabet gleich mehrere neue Geschäftsfelder erobert, setzen sie natürlich für eine gewisse Zeit auch mehr Kapital ein.

Das hemmt natürlich kurz- und mittelfristig das Margenwachstum, aber Pichai und Porat betonen, Alphabet gehe es um das langfristig profitable Wachstum, was für uns als Langfristinvestoren ja auch wichtig ist.

Konkret heißt das fürs Berichtsquartal:

Das Ebit steigt berichtet zwar um 20,7% auf 8 Mrd. USD (19,4% operative Marge), aber bereinigt um eine EU-Kartellstrafe im Vorjahresquartal sinkt die operative Marge um 345 bps. Zwar ist das Kostenwachstum bei den TACs (+8,6%) schön gebremst, aber die COGS steigen um 18,2% und der Opex ohne F&E steigt um 23,1%, weil Google massiv in die Inhalte bei Youtube, in den weiteren Ausbau von Vertrieb und Operations bei Cloud investiert und im ganzen Konzern in ihre AI-Produkte/Plattformen investiert, gerade im Kerngeschäft und Cash Cow Search sowie bei Cloud und bei einigen bets.

Dennoch hat Google ohne die bets das Ebit um 1% auf 9,27 Mrd. USD gesteigert (und zwar unter Ausklammerung der EU-Kartellrechtsstrafe im Vorjahr; sprich: der aktuell Wert ist Gaap, der Vorjahreswert ist Non-Gaap). Die bets haben ihren operativen Verlust um 29,1% auf 1,12 Mrd. USD ausgeweitet (vor allem wg. Waymo/autonomes Fahren und Calico/Verily, also AI-basierte Pharma-Wirkstoff-Forschung), der Umsatz der bets dagegen ist um 20,6% auf 135 Mio. USD gefallen (weil sie ihre Fiber-Vermarktung zunehmend einstellen, also die Vermarktung von Glasfaseranschlüssen in urbanen Wohngebieten in den USA).

Der Quartals-Free Cash Flow sinkt deutlich um 26% auf 5,45 Mrd. USD, die Free Cash Flow-Marge erreicht mit 13,2% Free cash Flow (-705 bps) bei weitem nicht die meist üblichen 20% bis 25%. Erstens hat Alphabet, wie erwähnt, den Capex erneut um 29,4% auf 6 Mrd. USD erhöht (14,4% des Umsatzes). Der Haupteffekt des Free Cash Flow-Rückgangs ist jedoch ein zum Bilanzstichtag stark negativer kurzfristiger working capital-Effekt von rd. 3,75 Mrd. USD im Jahresvergleich, vor allem haben sie mehr Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung sowie mehr aufgelaufene andere Cogs-/opex-bedingte Ausgaben bezahlt. Das überzeichnet den Free Cash Flow-Rückgangs natürlich ganz erheblich. Wenn man diesen kurzfristigen Cash-Abfluss-Effekt normalisiert, erreicht die Free Cash Flow-Marge bereinigt rd. 22%, also ein Wert, der im für Alphabet üblichen Bereich liegt; wohlgemerkt trotz deutlich höherer F&E, Capex etc. Das verdeutlicht, wie enorm profitabel Alphabet im „eingeschwungenen“ Zustand ist. Aber aus langfristiger Sicht kann eine hochprofitable Firma wie Alphabet für ein paar Jahre Umsatzwachstum vor Marge stellen, wenn man mit den zusätzlichen Ressourcen so erfolgreich und schnell neue Geschäftsfelder erobert wie Alphabet.

Die Bilanzdaten und die Bewertung:

Das EK steigt trotz höherer Aktienrückkäufe (8,5 Mrd. EUR, also mehr als der Quartals-Free Cash Flow, weil Alphabet die gigantische Cash-Position etwas zurückfahren will) um 1,1% auf 203,66 Mrd. USD (74,5% EK-Quote = +150 bps)

Das net cash beträgt jetzt rd. 74 Mrd. USD inkl. Leasingverpflichtungen (die in der Börsenpresse genannten Zahlen berücksichtigen letzteres mal wieder nicht …)

RoCe (Fiskaljahr erwartet (FYe)):  23,8%,

RoE (FYe):  15,2%

Net Working Capital: -6%, daher der hohe Cash-Abfluss zum Bilanzstichtag.

Enterprise Value: 26,8x Free Cash Flow CF FYe (inkl. des Kurshüpfers am gestrigen Abend nachbörslich)

Fair Value nach DCF:  1.450 – 1.520 USD/Aktie, also nicht günstig bewertet, aber auch nicht teuer für diese Top-Firma unter den wenigen Top-Weltklassefirmen, den wunderbaren Aussichten fürs Geschäft und der beeindruckenden Bilanzqualität.

 

Teil 2: Robustheit in der (Corona-) Rezession

Robuste Cash Flows und solide Bilanzen sind die beste „Downside Protection“ und gleichzeitig Garant für langfristige Investitionssicherheit und eine hohe Performance gleichermaßen.

Beispiel: Procter & Gamble Q3 2019/2020

Robustheit und Profitabilität von P&G

Top line und bottom line weist P&G erneut ein sehr dynamisches und zugleich robustes Quartal mit starkem operativem Wachstum von 6% auf 17,2 Mrd. USD auf und einer beeindruckend hohen Free Cash Flow-Marge von 19,4% bei einer sehr guten Cash Conversion Rate (CCR) von 113%. Die Resilienz und die Profitabilität des Geschäftsmodells sind wirklich außergewöhnlich.

Wie in jeder Rezession war das Umsatzwachstum nahezu ausschließlich absatzgetrieben, Preis/Mix waren dagegen nahezu flat. Die Strategie, die sich bei P&G und die anderen Consumer Staples  in jeder Rezession beobachten lässt: P&G hat die Schlagzahl an Produktneuheiten bei den Top-Marken ihrer fünf Produktkategorien (Home/Laundry, Beauty/Personal Care, Family/Feminine/Baby, Health Care und Grooming) deutlich erhöht, vor allem Produkte, die den täglichen Bedarf abdecken (wie Ariel/Tide, Lenor, Fairy/Dawn, Febreze, Swiffer, Meister Proper, Braun, Gillette, Gillette Venus, Oral-B/blenda-med/blenda-dent/Crest, Head&Shoulders/Pantene Pro-V/Herbal Essences, always, Pampers/Luvs, Charmin, Bounty).  Auch wurden Verpackungsgrößen durchweg erhöht, diese neuen Produkte zugleich intensiver beworben, ohne jedoch, wie sonst bei normal laufender Konjunktur üblich, die Preise zu erhöhen. Außerdem hat eine stärkere Grippesaison beim Absatz geholfen (Wick/Metamucil). Gerade letzteres hat den Produktmix trotz des lockdown-induzierten Absatzrückgangs bei Premium-Hautpflege-Produkten in China und im Reisegeschäft (vor allem die Luxuscreme SK-II, aber auch z.B. Olay) stabil gehalten, aber auch das besonders hohe Wachstum bei höherwertigen Produktneuheiten aus den besonders beworbenen Kategorien der täglichen Bedarfsgüter wie Ariel, always, Pampers, Braun und Oral-B.

Die Steuerung des operativen Wachstums vor allem über den Absatz werden sie im gestarteten Q4 gerade in den USA und Europa fortgeführt haben, weil dort die lockdowns Mitte/Ende März begannen.

Hinter dieser Volumen-Strategie bei Top-Marken des täglichen Bedarfs steckt eine enorme operative Leistung: P&G hat die Produktion binnen weniger Tage um 22% erhöht und alle Produkte in die FDM- und Apotheken-Regale/Läger der Online-Shops gebracht. Das ist eine beeindruckende Zahl, die nur zustandekommen kann, wenn die internen Prozesse vom Einkauf über Produktion, Produktmanagement, Werbung bis zur Distribution/Logistik gut funktionieren. Dies illustriert, dass das vor ein paar Jahren durchgeführte streamlining der Prozesse und der supply chain sowie der Abbau des damals opulenten Wasserkopfes immer erfolgreicher wirken.

Entsprechend dynamisch ist das Wachstum bei den Produktkategorien Home/Laundry mit 10% operativem Wachstum auf 5,83 Mrd. USD, bei Health Care mit 9% operativem Wachstum auf 2,26 Mrd. USD und bei Baby/Feminine/Family mit 7%  operativem Wachstum auf 4,66 Mrd. USD. Beauty mit +1% auf 3,03 Mrd. USD und Grooming mit -1% operativem Wachstum auf 1,38 Mrd. USD waren schwächer. Beauty war soft infolge des zeitweise merklichen Absatzrückgangs bei der Premium-Hautpflege in China und des im Quartalsverlaufs eskalierten Zusammenbruchs des Reisegeschäfts (zweistelliger Absatzrückgang bei SK-II), während die Haarpflege in Europa, den USA und den meisten Emerging Markets solide gewachsen ist, in China aber corona-bedingt abgegeben hat. Bei Grooming hat zwar der Absatz von Geräten und consumables wie Rasierklingen erfreulicherweise das dritte Quartal hintereinander gut zugelegt, aber das ohnehin etwas volatilere Geschäft mit Rasierschaum/After Shaves hat diesmal deutlich verloren.

Alle 5 Konzerngeschäftsbereiche haben ihre jeweiligen Weltmarktanteile um 20 bps bis 80 bps ausgebaut, auch Grooming und Beauty, weil Wettbewerber noch schwächeres operatives Wachstum hatten.

Regional ist das operative Wachstum in den USA (der größte Markt mit 42% Anteil am Konzernumsatz) und in Europa  (23% Anteil) mit jeweils 6% sehr erfreulich, auch in vielen Emerging Markets (35% Anteil), gerade auf größeren Märkten wie Brasilien, Mexiko und Indien. Dafür war das operative Wachstum in China (zweitgrößter nationaler Markt mit 9% Anteil am Konzernumsatz, inkl. Hongkong/Macau sind es 13%) und anderen asiatischen Staaten lockdown-bedingt rückläufig. Das Online-Geschäft wächst weiter höher zweistellig (P&G nennt keine exakten Daten), pusht also das operative Wachstum, und generiert lt. CFO/COO Moeller im Quartals-Call mehr als 10% des Umsatzes.

Das Ebit steigt um 6,9% auf 3,45 Mrd. USD, die operative Marge 20% (+10 bps), die um das laufende Effizienzprogramm bereinigte operative Marge steigt sogar um 100 bps auf 20,9%.

Die Skaleneffekte

Wie hoch die Skaleneffekte sind, illustrieren folgende Zahlen: Die operative Marge hat in den drei schnell gewachsenen Geschäftsbereichen im Bereich 1,3x bis 3x schneller zugelegt als der jeweilige Umsatz, obgleich bspw. die schnelle Umstellung von Inhaltsstoffen, neue und größere Verpackungen, die Produktionsausweitung und die Distribution größerer Mengen sicherlich auch höhere (vor allem Einmal-)Kosten verursacht haben dürften (so hat die Rohmarge mit 6% etwas langsamer zugelegt als die operative Marge mit 6,9%).

Daneben ist das Wachstum der operativen Marge leicht gebremst worden, weil Grooming, das kleinste Konzerngeschäft, mit einer operativen Marge von rd. 36% zwar das mit Abstand profitabelste Geschäft ist (die vier anderen Konzernbereiche haben allesamt eine operative Marge im Bereich 20% bis 23%), aber leicht Umsatz abgegeben hat, während vor allem Home/Laundry und Baby/Feminine/Family, die beiden umsatzstärksten Segmente, die aber auch die niedrigste operative Marge haben, diesmal besonders schnell gewachsen sind.

Die Bilanzdaten und die Bewertung:

Die Free Cash Flow-Marge erreicht im Quartal mit 19,4% (3,33 Mrd. USD) erneut ein bärenstarkes Niveau, die Cash Conversion Rate (CCR) vom Nachsteuerergebnis zum Free Cash Flow beträgt hohe 113%, weil P&G das Net Working Capital weiter im Bereich von Null hält, und obgleich der Capex mit 4,2% vom Umsatz auf hohem Niveau bleibt, weil P&G weiter ins Wachstum und die Effizienz investiert (auch wenn der Kapitalbedarf für Capex/F&E geschäftsmodellbedingt im Vergleich zu allen anderen Industrien niedrig ist).

Die Nettoschulden inkl. Pensionsverpflichtungen betragen rd. 35 Mrd. USD. Das ist zwar mit 2,7x Free Cash Flow akzeptabel, aber unseres Erachtens wäre es sinnvoll, dass P&G die Aktienrückkäufe für einige wenige Jahre aussetzen würde, weil die Schulden dann halbiert wären. Aber P&G will im Fiskaljahr (FY) erneut rd. 1,5 Mrd. USD mehr für Aktienrückkäufe sowie für Dividenden einsetzen, als der Free Cash Flow FYe hergibt; jeweils die Hälfte wird wieder für Rückkäufe und Dividenden eingesetzt. Deshalb hat P&G die Quartalsdividende wieder erhöht, diesmal um 6%; insgesamt will P&G FY 7,5 Mrd. USD als Dividenden ausschütten.

RoCe FYe : Gute 16% (das EK bzw. die EK-Quote sinken wg. der anhaltenden Aktienrückkäufe um weitere 1,8 Mrd. USD auf 45,9 Mrd. USD bzw. um 230 bps auf 38,7%)

RoE FYe: Sehr gute 28%.

Die im Vorquartal erhöhte FY-Guidance für das operative Wachstum (4% bis 5%) und CCR wird bestätigt. Da das operative Wachstum auf 9 Monate bei rd. 6% liegt, plant P&G wegen der Unwägbarkeiten der lockdowns in Europa, Nordamerika und einigen Emerging-Markets-Staaten für Q4 also sehr vorsichtig. Allerdings sagte Moeller im Call, Q4 sei im April vielversprechend gestartet.

Fair Value nach DCF: 120-128 USD/Aktie.

Enterprise Value: Mit 25x Free Cash Flow FYe nicht günstig, aber bei der ausgesprochen hohen Geschäftsqualität des Weltmarktführers, dem verlässlich robusten Wachstum auch in der Rezession wie aktuell, der enorm hohen und fast immer überdurchschnittlich steigenden Profitabilität, die mittlerweile branchenführend ist, und der hohen Kapitalverzinsung ist die Bewertung angemessen („value at a reasonable price“) – Qualität gibt es nun einmal nicht billig.

Wie sieht´s eigentlich bei Hermès aus?

Ende März des letzten Jahres hatte ich an dieser Stelle über Hermès geschrieben. Damals stand die Aktie bei rund 430 € und viele Börsenerklärer munkelten, die Aktie sei völlig überteuert und könne nicht weiter steigen. Heute steht die Aktie bei ca. 545 €, also rund 25% höher (zum Vergleich: DAX im selben Zeitraum +-0%). Aber wie ist nun der Stand der Dinge auf Unternehmensebene?

Folgend unsere interne Analyse zu Hermès. Übrigens: Derartige Analysen machen wir zu jedem unserer Portfoliounternehmen und auch deren Mitbewerber einmal im Quartal:

Hermès/Q2 – gewohnt herausragend stark, bottom line mit historischem Rekord für H1 bei sämtlichen Margen, und das über die gesamte Bilanz, ob operative Marge, Free Cash Flow-Marge oder Kapitalverzinsung:

Top line wurde bereits am 20.7. veröffentlicht: operatives Wachstum +11,6% auf 1,46 Mrd. EUR, berichtet +7,2%, FX -4,4% (H1 +11,2% oW auf 2,85 Mrd. EUR, berichtet +5,2%, FX -6%) – der stärkere Euro kostet vor allem ggü. den EM-Währungen weiter viel Umsatz.

⁃ In Q2 und H1 trugen alle Absatzregionen und Produktsegmente zum hohen Wachstum bei (Q2 Europa 8,9%, Amerika 15,9%, Asien 11,6%), ebenso alle Produktbereiche (besonders stark Schmuck und Home mit 25,2% in Q2, auch das mit gut 50% Anteil am Konzernumsatz größte und strategisch wichtigste Geschäft mit Lederwaren mit +8,4% in Q2 bzw. +8% in H1 weiterhin dynamisch, und in Q2 nochmals leicht besser als in Q1).

⁃ Die folgenden bottom line-Daten beziehen sich auf H1 (Hermès berichtet bottom line nicht auf Quartalsbasis): Ebit +11,14% auf 1,037 Mrd. EUR (36,35% oM = +233 bps), bereinigt um den Erlös aus dem Verkauf des früheren Galleria Stores in Hongkong (Hermès ist dort mit dem Store umgezogen) steigt das Ebit um 5,71% auf 984,5 Mio. EUR (34,5% bereinigte oM = +17 bps – das ist eine neue historische Rekordmarge fürs H1). Der Free Cash Flow (FCF) steigt sogar um 18,94% auf 750,3 Mio. EUR (26,29% FCF-Marge = +304 bps), bereinigt um den Verkauf des o. g. Assets legt der FCF um 8% auf 681,3 Mio. EUR zu (23,88% bereinigte FCF-Marge = +63 bps – auch das ist neuer H1-Rekord), CCR 106% (berichtet) bzw. 96,26% (bereinigt). Ggü. dem Vorjahreszeitraum enthält das Cash Flow-Statement zudem negative working capital-Effekte in Höhe von 36,7 Mio. EUR (insbesondere etwas größeres Lager und geringere Verbindlichkeiten aus L+L). Wenn man das berücksichtigt, erreicht der FCF (bereinigt um den Erlös aus dem Verkauf der Hongkong-Gallery) 718 Mio. EUR (=25,16% um wc-Effekte bereinigte FCF-Marge) – dieser Wert zeigt mE am besten an, welche Marge im operativen Geschäft erwirtschaftet wird, und diese Marge ist enorm hoch, Hermès verdient mittlerweile mehr als doppelt so viel wie die besten Peers!

Net Cash 2,59 Mrd. EUR inkl. 207 Mio. EUR Pensionsverpfl. (rd. 1,85x FCF FYe) – damit ist das net cash nochmals merklich höher als im Vorjahr (2,33 Mrd. EUR), obgleich Hermès 2018 wg. einer Sonderdividende 555,6 Mio. EUR höhere Dividenden ausgezahlt hat (2018 kumuliert 957,5 Mio. EUR). EK +4,93% auf 4,79 Mrd., EK-Quote 73,41% (-67 bps wg. mehr zurückgekaufter Aktien). Alleine das kurzfristige Vermögen (4,24 Mrd. EUR) ist rd. 2,45x höher als sämtliche Verbindlichkeiten (1,73 Mrd. EUR), hinzu kommen das langfristige Vermögen (2,29 Mrd. EUR). Das ROCE erreicht 63,5% FYe, das ROE 27%.

Enterprise Value 39,5x FCF FYe (2009 waren es rd. 30x FCF, Hermès hat auch 2009 seinen Umsatz gesteigert und einen höheren FCF erwirtschaftet). Die um negative wc-Effekte bereinigte FCF-Marge von 25,16% ist wirklich grandios! Auch berichtet hatte Hermès in H1 noch nie so hohe Margen wie jetzt, und zwar über die gesamte Bilanz von der operativen Marge über die FCF-Marge bis zum ROCE. Und das immer noch etwas stärkere H2 kommt erst noch. Obwohl Hermés wg. der Sonderdividende dieses Jahr mehr als doppelt so viel Dividende bezahlt hat wie letztes Jahr, hat Hermès ein paar hundert Mio. EUR mehr in der Kasse. Wenn man die negativen wc-Effekte berücksichtigt, liegt das ROCE über 65% – sagenhaft! Und dann diese Bilanz, wirklich atemberaubend – das sehr hohe Eigenkapital, sodann: alleine das kurzfristige Vermögen ist rd. 2,5x höher als sämtliche Konzern-Verbindlichkeiten. Bei Hermès sind nicht nur die Produkte einzigartig, auch die Bilanz ist geradezu phänomenal. Man muss hierbei berücksichtigen, dass Hermés beim working capital wirklich großzügigst sind, das ist das totale Gegenteil von optimiert – gerade das Lager haben sie immer gefüllt mit reichlich und bester Rohlederware (das Lager erreicht über 17% des Umsatzes). Wenn Hermès zB auf dem cnwc-Niveau von LVMH wäre, hätte Hermès in H1 um die 35% (sic) FCF-Marge geschafft, und sie hätten noch ein paar hundert Mio. EUR mehr in der Kasse. Und wenn das cnwc im Bereich der Extrem-Optimierung zB von Colgate oder Church & Dwight wäre, wäre Hermès bei fast 40% FCF-Marge.

⁃ Auch sonstige Bilanzoptimierung kennt Hermès überhaupt nicht. So hat Hermès 207 Mio. EUR an Pensionsverpflichtungen, auf der anderen Seite beträgt das net cash 2,8 Mrd., am Jahresende dürften es um die 3,2 Mrd. net cash sein. Da sollten sie es wie Church & Dwight machen – und die Pensionsverpflichtungen ablösen. Das wäre mal das Mindeste. Außerdem könnten/sollten sie mindestens 2 Mrd. EUR Aktien p. a. zurückkaufen, die aber nicht vernichten, sondern als weitere Kriegskasse in der Bilanz belassen. Dieses Jahr dürfte Hermès bei 1,35-1,45 Mrd. EUR FCF landen, und die Firma zahlt, wenn sie nicht wieder eine Sonderdividende beschließt, um die 450 Mio. EUR für die Dividende. Also könnte Hermès leicht jedes Jahr für eine dreiviertel Milliarde EUR Aktien zurückkaufen (und nicht vernichten), und dennoch wüchse der Cash-Berg weiter. Letztes Jahr hat Hermès lediglich für rd. 190 Mio. EUR Aktien zurückgekauft, in H1 jetzt gut 50 Mio. EUR.

Hermès gehört mit Visa, Mastercard, Apple, Google und Reckitt Benckiser zu den profitabelsten Konzernen auf dem weltweiten Börsenzettel.

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