Sind Krypto-Währungen eine Gefahr für Visa, Mastercard & Co.?

Gestern haben die Aktien sämtlicher Zahlungsabwickler abgegeben, Visa mit 3% etwas weniger als Mastercard mit 4%, PayPal hat um 6% nachgegeben, die kleineren Plattformen wie Wirecard alle um die 2-3%. Die zunehmende Beliebtheit von Krypto-Währungen wurde als Grund für die Kursschwäche benannt.

Wird die zunehmende Beliebtheit von Bitcoin & Co. nun eine dauerhafte Gefahr für Visa, Mastercard & Co.?

Meines Erachtens definitiv nicht, denn auch die Krypto-Währungen brauchten eine sichere Abwicklung, sobald sie verbreitet für Zahlungen genutzt werden würden. Aktuell finden lediglich an Spezialbörsen mit geringen Volumina Ankauf/Verkauf von Krypto-Währungen statt. Transaktionen zur Bezahlung des Güterkaufs gibt es dagegen kaum, nur eine Handvoll Händler akzeptiert z.B. Bitcoin (weshalb Visa eine Bitcoin-Debitkarte hat, die bisher wenig verbreitet ist).

Das „schnelle Geld“ hat vielmehr nach der sehr guten Wertentwicklung der Aktien der Zahlungsdienstleister gestern schlicht „Gewinne vom Tisch genommen“ und somit zu den Kursrückgängen bei den Zahlungsabwicklern geführt. Bei Visa und Mastercard beispielsweise war es 2017 um fast 40% hochgegangen – de facto ohne jede Korrektur. Jetzt kam sie ohne weitere Vorwarnung. Von Visa selbst etwa gab es keine Neuigkeiten. Bis auf eine Präsentation gestern von CFO Prabhu auf einer Credit Suisse-Investorenveranstaltung.

Die Präsentation haben wir nachgelesen: Der CFO hat nichts wesentlich Neues gesagt

Die Guidance gilt, das Geschäft läuft blendend. Zu Bitcoin/Blockchain meinte er, Visa arbeite mit Blockchain bei grenzüberschreitenden B-to-B-Transaktionen, sie würden viel investieren und experimentieren, auch mit Firmenkunden, die dort auch eigene Blockchains integrieren (z.B. können consumer staples eigene vertriebs-/marketingrelevante Infos integrieren). Blockchains würden zumindest im B-to-B-Bereich immer wichtiger werden, daher engagiere sich Visa intensiv.

Hinsichtlich Krypto-Währungen sei Visa ebenfalls offen, man müsse sehen, was sich durchsetze, aber auch Krypto-Währungen benötigten sichere Zahlungsabwicklung, wenn es über kleine Spezialbörsen-Volumina hinausgehe und in der Breite für Bezahlung genutzt werde (siehe oben). Aber man werde die Visa-Plattform auch für Kryptowährungen öffnen, sofern ein Markt existiere, genauso wie man Visa für Pay-Dienste von Apple, Google und Samsung geöffnet habe oder für Square und Facebook Messenger.

Zwischenzeitliche „Rücksetzer“ beim Aktienkurs von Visa dürfen nicht verwundern, denn Visa ist wie sämtliche Zahlungsdienstleister eher ambitioniert bewertet, wobei sie allerdings schnell in eine angemessene Bewertung hineinwachsen. Denn bei dem avisierten hohen einstelligen Umsatzwachstum sollten sie den schon jetzt hohen Free Cash Flow im Bereich 15-20% erhöhen können (20% im GJ 2016/17), weshalb die derzeit ambitionierte Bewertung zügig abgebaut sein wird.

Weshalb ich von Visa als unternehmerisch denkender Langfrist-Anleger überzeugt bin und warum ich Krypto-Währungen als keine Gefahr beispielsweise für Visa erachte, zeigt auch unser letzter Quartalsbericht vom 26.10.2017:

Visa berichtete gestern über das Q4 2016/2017 (Vergleichswerte beziehen sich auf das Vorjahr):

Die Fakten

 Visa liefert ein weiteres „Blowout“-Quartal ab, also ein Quartal, das die Prognosen „wegbläst“. Ebenso ein weiteres „Blowout“-Geschäftsjahr, beide erneut mit zweistelligem organisches Wachstum (oW) und zuverlässigem gigantischen Free Cash Flow-Margen im Umfeld von 50% – das schreiben wir seit Jahren, und das Geschäft läuft von Jahr zu Jahr immer noch besser.

Das hat zwei Gründe:

Erstens ist Visa DER Profiteur des säkularen Trends der Substitution des Bezahlens mit Bargeld durch bargeldloses Bezahlen, und als Betreiber des größten Netzwerks für elektronische Bezahlungsabwicklung generiert Visa hierbei die höchsten und schnell Skaleneffekte in einem dynamisch wachsenden relevanten Markt.

Zweitens betreibt Visa seine Plattform für Dritte offen und hat unzählige Partnermodelle, um mehr Verkehr auf die Plattform zu bringen – im netzgebundenen Markt die ökonomisch logische, weil gewinnbringendste Strategie für den Betreiber der größten Plattform. Es geht also um Volumenmaximierung, die bei geringem Kapitalaufwand, lächerlich geringem recurring Capex und einem Opex von fast null für den inkrementellen Verkehr zu einer Margenmaximierung führt.

Die zunehmende Online/Mobil-Bezahlung beschleunigt die Marktführerschaft von Visa und die Profitabilität nochmals: Während am klassischen Point of Sale beim Händler als Plattformzugangspunkt weltweit rund 15% aller elektronisch abgewickelten Umsätze über die Visa-Plattform laufen, sind es online/mobil sogar 43%. Visa ist DER Gewinner des Online-/Mobil-Bezahlens!

Das verwundert auch nicht: Visa hat erstens weltweit das mit großem Abstand dichteste Netz mit 16.000 issuers/aquirers, die an Visas Markterfolg mehrfach mitverdienen (Kartenvermarktung, Transaktionsabwicklung); zweitens hat Visa mit ca. 44 Mio. Händlern das dichteste Zahlungsakzeptanznetz, weshalb Visa aus Kundensicht ein sehr komfortables Bezahlmedium darstellt. Und weil Visa mit seinen enormen Größenvorteilen die mit großem Abstand höchsten Margen aller Bezahldienstleister erwirtschaftet, kann Visa den Acquirern und Issuern einen für sie attraktiven Wertschöpfungsanteil überlassen, so dass sie hohe Anreize zur Vermarktung von Visa-Produkten haben, weshalb für fast alle Banken weltweit die Zusammenarbeit mit Visa eine wichtige Umsatzquelle ist.

Des Weiteren kann Visa Großkunden wie jüngst Cosco und USAA, die zusammen rund 25 Mio. Kunden-Kreditkarten auf die Visa-Plattform bringen, an der Wertschöpfung beteiligen, weshalb die Anzahl der Visa-Kreditkarten weltweit mittlerweile rund 3,2 Milliarden (!) erreicht.

Wie enorm hoch die Attraktivität der engmaschigen Visa-Plattform ist, zeigt sich auch daran, dass mittlerweile sogar PayPal mit Visa kooperiert, die einst als Herausforderer der Kreditkartenfirmen angetreten war: PayPal gibt Visa-Karten heraus, so dass PayPal-Kunden am Point of Sale oder mobil zahlen können, die Abrechnung/Abwicklung erfolgt über das Visa-Netzwerk. Denn es wäre für PayPal viel zu zeit- und kostenaufwändig, das Kartengeschäft technisch und vertrieblich selber aufzubauen und abertausende Verträge mit Aquirern abzuschließen. Aus demselben Grund, und weil sie Zugang zum Händlernetzwerk von Visa bekommen, das sie selber nur in vielen Jahren aufbauen könnten, kooperieren Apple, Google und Samsung bei ihren Mobilbezahllösungen mit Visa, sie docken an die Visa-Plattform an und die Partner teilen sich die Wertschöpfung auf.

Deshalb glauben wir, dass Visa sein enormes Wachstum künftig eher noch beschleunigen und noch gigantischere Skaleneffekte generieren wird.

Dafür gibt es zwei Gründe… 

Erstens werden weltweit trotz des dynamischen Trends zu elektronischer Bezahlung immer noch 85% des Bezahlvolumens in Cash abgewickelt. Mit den skaleneffektbedingten hohen und steigenden Margen kann Visa weiter hohe finanzielle Anreize für Plattformpartner und Großkunden für eine weitere und beschleunigte Substitution des Cash-Bezahlens setzen, weshalb wegen des minimalen Kosteninkrements die Margen noch mehr ansteigen, wodurch die finanziellen Anreize für Partner/Kunden, falls nötig, nochmals erhöht werden können. Das Umsatzwachstum speist also das Margenwachstum, das wiederum das Umsatzwachstum pusht, was das Margenwachstum erneut beschleunigt.

Zweitens beginnen zunehmend mehr Staaten, meist vorsichtig, manche konsequenter, mit einer Demonetisierung der Bezahlung. Seit etwa die indische Regierung im November 2016 erste Schritte zur Demonetisierung umgesetzt hat (Abschaffung von Geldscheinen mit hohem Nennwert) hat sich das wertmäßige Transaktionsvolumen auf der Visa-Plattform in Indien verdoppelt (!), wie CFO Prabhu im Analysts Call darlegte. In Schweden, wo fast nur noch elektronisch bezahlt wird, wächst Visa ebenfalls mit über 25%.

Visa ist der einzige börsennotierte Weltmarktführer, der seit Jahren eine Kombination aus robust zweistelligem Umsatzwachstum und einer unfassbar hohen Profitabilität mit FCF-Margen im Bereich um 50% schafft. Visa stellt damit selbst Apple und Google in den Schatten.

Die wichtigen Details IM ÜBERBLICK… 

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Fielmann: Die Chance kann man nutzen

Die Fielmann-Aktie hat gestern nach Bekanntgabe der Quartalszahlen im Tagesverlauf bis zu rund sieben Prozent nachgegeben. Der Grund: Analysten hatten das Unternehmen nach der sehr guten Kursentwicklung im ersten Quartal mittlerweile als zu hoch bewertet eingestuft.

Ich teile die Argumentation der Analystenzunft nicht.

Zuverlässige Gewinnmaschine

Fielmann liefert seit Jahren zuverlässig wachsenden Umsatz bei branchenführend hohen und zugleich sehr robusten Margen. Die Wettbewerber Luxottica und GrandVision mit der größten Tochtergesellschaft Apollo schaffen nur rund halb so hohe Margen. Nur Essilor kann hier in der Regel fast mit Fielmann mithalten.

Extrem solide Bilanz

Das Berichtsquartal ist wieder stark gelaufen, zudem ist Fielmann erneut Top und Bottom line über Konsens. Wie rund die Gewinnmaschine Fielmann läuft, illustrieren die folgenden Zahlen: Das Unternehmen verfügt über eine der solidesten und stärksten Bilanzen auf dem europäischen Kurszettel. Rund 75% Eigenkapital (EK), net cash 1,9x Free Cash Flow (FCF), net working capital weniger als 2%, eine überragende Kapitalverzinsung mit ROCE von fast 60% (!!) – das schaffen nur ganz wenige Unternehmen.

Fielmann wirtschaftet nicht nur profitabel, sondern steht dabei auch mit beiden Beinen fest auf dem Boden: Sachanlagen, Finanzanlagen, Cash und Vorräte machen rund 90 Prozent des Anlagevermögens aus. In der Bewertung stecken nur sehr wenig Goodwill und andere immaterielle Vermögenswerte.

Beeindruckende Effizienz

Zudem ist Fielmann extrem effizient: So betreibt das Unternehmen fünf Prozent aller Optiker-Läden in Deutschland, verkauft jedoch 45 Prozent aller Brillen, bei den margenstarken Gleitsichtbrillen liegt der Marktanteil sogar noch etwas höher. Fielmann erzielt einen rund 35 Prozent höheren Umsatz pro Laden als Wettbewerber Apollo. Zudem verfügt Fielmann über eine sehr effiziente vertikale Integration mit eigener Brillenproduktion, was eine schnelle Reaktion auf neue Styles möglich macht.

Hohes Wachstumspotential

Fielmann hat nach wie vor ein enorm hohes Wachstumspotential. Zum einen geographisch: Das Unternehmen ist bislang dominant in Deutschland, stark in Österreich und in der Schweiz, und es gibt erste Geschäfte in Italien. Europaweit gibt es also noch genügend langfristige Wachstumsoptionen. Zum anderen bietet das sehr profitable Hörgerätegeschäft noch Wachstumspotential. Bislang sind Hörgeräte erst in 170 der 706 Fielmann-Niederlassungen verfügbar. Online bleibt Fielmann bislang noch in vorsichtiger Warteposition und beobachtet die Entwicklung genau. Die Konkurrenz verbrennt hier derzeit noch viel Geld.  Sobald sich online mit Brillen Geld verdienen lässt, dürfte Fielmann recht zügig einen eigenen Webshop präsentieren.

Nicht überbewertet

Für die oben aufgeführte überragende Substanz und die Branchenführerschaft wird die Fielmann-Aktie mit 28,5x Free Cash Flow bewertet. Das ist nicht günstig, aber mit Blick auf die überragende Substanz, die branchenführende Ertragsstärke und die extreme Kapitaleffizienz angemessen. Zum Vergleich: Luxottica ist mit halb so hohen Margen teurer (34,5x FCF), Essilor ähnlich hoch bewertet wie Fielmann (28x FCF) und auch Apollo/GrandVision ist mit 23x FCF im Verhältnis zu den nur halb so hohen Margen relativ gesehen teurer als die Fielmann-Aktie. All diese Aspekte vernachlässigen viele Analysten.

Die völlig unkonkrete Guidance der Bilanz lautet übrigens, wie immer: „Wir sind zuversichtlich, unsere Marktposition auszubauen, erwarten einen positiven Geschäftsverlauf.“ Nur ein börsennotiertes Unternehmen, das wie Fielmann zuverlässig überragende Leistungen erbringt, kann sich eine derartige Floskel erlauben.

Hier nun die wichtigen Details aus Q1:

  • Umsatz +8,1% auf 341,9 Mio. EUR, bereinigt um 2 Verkaufstage yoy mehr im Quartal sind es +5,6% (Ostern erst in Q2, daher in Q2 weniger Verkaufstage). Fielmann ist in allen vier Ländern (D, A, CH, I) zwischen 6-19% gewachsen, auch in Deutschland – dem mit Abstand größten Markt – mit +7,6% (268,3 Mio. EUR = 78,5% Konzernanteil). Fielmann betreibt jetzt 706 Läden (+11 Läden), im Quartal wurden u. a. in Norditalien 3 neue Läden eröffnet (Verona, Vicenca und Trento). In mittlerweile 170 Läden (+24) bietet Fielmann außerdem Hörgeräte mit Hörgerätemeistern an.
  • Das Nettoergebnis steigt um 12,3% auf 41,6 Mio. EUR (leicht unterdurchschnittlich gestiegener Opex); der FCF beträgt 52,4 Mio. EUR (15,33% FCF-Marge), CCR 126%.
  • Nettofinanzposition 387 Mio. EUR (rd. 1,9x FCF FYe), EK +5,7% auf 725,1 Mio. EUR (74,64% EK-Quote), das Vermögen (578,3 Mio. EUR kurzfristig und 393 Mio. EUR langfristig) ist rd. 4x höher als die Verbindlichkeiten (212,3 Mio. EUR kurzfristig und 33,8 Mio. EUR langfristig), ROCE 59,1% FYe, ROE 27,6% FYe, Dividende +2,9% auf 1,80 EUR/Aktie
  • EV 28,5x FCF FYe, Kurs nach DCF 71-77 EUR

Disclaimer

Hermès: Aktie zu teuer?

Eingestanden: Die Aktie ist sehr, sehr gut gelaufen (zu Recht; freut mich) und ja, sie ist „sportlich“ bewertet (auch zu Recht). Aber: Mit den 2016er-Zahlen ist die Aktie jetzt beim Aktienkurs von rd. 432 EUR rd. 4,6% günstiger bewertet als vor einem halben Jahr bei einem Kurs bei 372 EUR mit den damals bekannten Zahlen, weil das net cash um rund 680 Mio. EUR gestiegen ist und der Free Cash Flow (FCF) um und 195 Mio. EUR. Somit betrug der Enterprise Value (EV) damals rd. 39x FCF, jetzt 37,2x FCF, simple Mathematik also. Nimmt man zudem an, dass Hermès den FCF in 2017 „nur“ um 11% steigert, also halb so stark wie 2016, beträgt das Forward FCF-Multiple rund 33x.

Profitabilität nochmals gesteigert

Hinzu kommt mit strategischem Blick auf das Geschäft, dass die Gewinnqualität nochmals enorm zugelegt hat: Die FCF-Marge ist von 19,5% auf 22,2% gestiegen(!!), das eh schon hohe Eigenkapital ist um weitere 17% gestiegen, die EK-Quote wohl nochmals um rd. 200 bps auf rd. 73% (Bilanz wird erst im April vorgelegt). Zudem erreicht Hermès eine nahezu unfassbare Verzinsung des eingesetzten Kapitals (ROCE) von 56,6% – all das, obwohl gerade in H1 noch eine zum Teil schwierige Nachfragesituation herrschte (die Mitbewerber LVMH, Richemont etc. gaben damals noch ab, erholten sich erst in H2). Hermès hat wie 2009 und in der ebenfalls schwierigeren Zeit seit 2014/15 weitaus robuster abgeschnitten, andere Luxus-Modemarken hatten Nachfragerückgänge in der Zeit. Zudem sollte Hermès -bei ab Sommer sich wieder belebender Nachfrage- überdurchschnittlich zulegen.

Extreme Kapitaleffizienz

Und, damit klarer wird, was das das extrem hohe ROCE von 56,6% heißt: Sie setzen mit 2 Mrd. EUR rd. 200 Mio. weniger Kapital ein als im Vorjahr, erwirtschaften mit weniger Kapital aber rd. 200 Mio. mehr freies Geld – bzw. mit nur 2 Mrd. Kapital produzieren sie 1,15 Mrd. FCF. Das ist gigantisch gut. Das zeigt auch der Vergleich mit dem HDax: der Durchschnitt der dort gelisteten Firmen würde für 1,15 Mrd. FCF rd. 23 Mrd. eingesetztes Kapital benötigen (da durchschn. 5% FCF-Marge), also 11,5x mehr als Hermès!! Und gut verdienende Peers wie LVMH und Richemont benötigen doppelt bis fünfmal so viel Kapital wie Hermès, um 1,15 Mrd. FCF zu generieren.

Was macht Hermès eigentlich so erfolgreich?

Hermès gelingt es mit seiner einzigartigen starken Marke seit vielen Jahren, im obersten Luxussegment eine stetig hohe Nachfrage zu erzeugen. Hermés hält dabei die Ware knapp, über den Preis lässt Hermés nicht mit sich reden. Ein Erfolgsgarant ist die kompromisslose und maximale Qualität, die auch so den Kunden kommuniziert wird. Nur die wirklich besten Rohstoffe werden verwendet. Alles, was nicht den höchsten Ansprüchen genügt, wird an die anderen Luxusmarken weiterverkauft. Zur maximalen Qualität hinzu kommen die Zeitlosigkeit der Produkte sowie die hohe Exklusivität der Marke; die Konsumenten werden „süchtig“ gemacht und nehmen so auch lange Wartezeiten und/oder weite Reisen auf sich, um das gewünschte Produkt erhalten zu können. Vom zu zahlenden Preis ganz zu schweigen. Die Mischung aus Zeitlosigkeit, Exklusivität und maximaler Qualität macht den Erfolg von Hermés im Vergleich zu den (gut verdienenden Mitbewerbern) aus.

Teuer ist relativ

Investoren sollten sich von einem vermeintlich teuren Bewertungsniveau nicht in die Irre treiben lassen. Schon gar nicht vom KGV, das bei Hermès mit ca. 35 sehr hoch ist. Denn bei der Betrachtung des KGV sollte man grundsätzlich sehr häufig Vorsicht walten lassen. Zum einen ist die Betrachtung des KGV deshalb häufig stark irreführend, weil das KGV u.a. auf dem Nettoergebnis aufbaut, das jedoch in Zeiten von IFRS/US-GAAP häufig verzerrt ist. Zum anderen berücksichtigt das KGV keine Aktienrückkäufe und bezieht zudem keine Schulden und Pensionen etc. ein. Ganz wesentliche Faktoren zur Bewertung eines Unternehmens fehlen also bei der KGV-Betrachtung.

Fazit

Vor dem Hintergrund des einzigartigen robusten, dynamischen und extrem profitablen Geschäftsmodells von Hermès ist es völlig gerechtfertigt, dass die Aktie hoch bewertet ist – und „hoch“ ist zudem relativ, wenn man bedenkt, dass Daimler, die kaum was verdienen, 2016 rd. 10 Mrd. EUR verbrannt haben und überdies hoch verschuldet sind, mit über 50x FCF bewertet ist.

Die ausführliche Analyse zum Umsatzbericht kann per Email angefordert werden.

Disclaimer

RWE: Das Desaster geht weiter

Das Desaster bei RWE nimmt kein Ende. Der Umsatz von RWE sinkt unaufhaltsam weiter, diesmal um 5%. Mit rund 330 Mio. EUR Free Cash Flow (FCF) bleibt unterm Strich mittlerweile fast nichts mehr übrig (Marge unter 1%)!!! Das, was an Cash noch übrig ist und sogar noch ein wenig mehr, wird für die stark gekürzten Dividenden ausgegeben (407 Mio.). Das ist aber schon egal. Denn der extrem mickrige FCF ist im Vergleich zu den gigantischen Schulden ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Der Konzern hat Nettofinanzschulden von 22,7 Mrd. EUR, Pensionsverpflichtungen in Höhe von 6,8 Mrd. EUR, Verpflichtungen aus dem Rückbau der Kernkraftwerke (12,7 Mrd. EUR) und Verpflichtungen im Bergbau (2,3 Mrd. EUR). Das macht unterm Strich insgesamt 44,5 Mrd. EUR wirtschaftliche Schulden. Denen steht der Marktwert der Innogy-Aktien in Höhe von gut 15 Mrd. EUR gegenüber (der aktuelle Kursanstieg ist impliziert), zudem Sachanlagen in Höhe von 24,5 Mrd. EUR.

Was sind die Sachanlagen wirklich wert?

24,5 Milliarden Euro an Sachanlagen? Man sollte an dieser Stelle erwähnen, dass mehr als 90% davon konventionelle Kraftwerke sind, von denen der Großteil inzwischen Verluste einfährt. Ob da tatsächlich ein Buchwert von 24,5 Mrd. angemessen ist, ist höchst zweifelhaft. Denn ein Käufer müsste ja auch den Rückbau von Kohle- und Gaskraftwerken bezahlen, das würde er beim Kaufpreis abziehen. Das ist umso bedrohlicher, als dass das Eigenkapital (EK) nur 8 Mrd. EUR beträgt, das sind 10,5% EK-Quote.

RWE ist überschuldet

Meines Erachtens ist RWE daher inzwischen total überschuldet. Die Aktie ist eine der teuersten auf dem Kurszettel.  Denn selbst wenn man von den Schulden die Innogy-Beteiligung und 50% des Buchwerts des Anlagevermögens abzieht, ergibt sich ein Enterprise Value (EV) von knapp 80x FCF!

Dass die Aktie auch wegen der M&A-Gerüchte um Innogy heute sehr stark zulegt, kann ich mir ökonomisch und mathematisch nicht erklären. Denn der Innogy-Anteil ist mit dem aktuellen Kursanstieg der Innogy-Aktie gut 15 Mrd. EUR Wert, und selbst, wenn man die bilanzierten Buchwerte des Anlagevermögens von 24,5 Mrd. EUR als valide annimmt (was, wie oben erläutert, sehr, sehr unwahrscheinlich ist), sind die Gesamtschulden um knapp 5 Mrd. höher als der Marktwert des Innogy-Anteils und des gesamten Anlagevermögens.

Wenn man dann noch berücksichtigt, dass RWE nur noch mickrige 330 Mio. EUR Cash produziert (bzw. FCF-Marge <1%!), das aber zur Schuldentilgung gar nicht zur Verfügung steht, bedeutet allein die Marktkapitalisierung von RWE in Höhe von aktuell rund. 9 Mrd. EUR eine Bewertung von 27x FCF. Aufgrund des Desasters beim FCF – der nicht ansatzweise ausreicht, um die Schulden zu bedienen –, der extrem hohen Verschuldung im Allgemeinen und den schlechten Geschäftsaussichten für das konventionelle Kraftwerkgeschäft wäre die Aktie mit 3-5X FCF sehr generös bewertet. Wenn man dies (rund 1 Mrd. EUR) noch mit den Nettoschulden ins Verhältnis setzt, ergibt sich ein angemessener Kurs für die Aktie, den ich mich an dieser Stelle nicht niederzuschreiben traue…

Disclaimer

Peter Terium: „Innogy ist ein Dividendenwert mit Wachstumspotential“ – Stimmt das?

„Mit 1,6 € je Aktie wollen wir rund 80 Prozent des bereinigten Nettoergebnisses an unsere Investoren ausschütten“, so Konzernchef Peter Terium heute in Essen. Innogy sei „ein Dividendenwert mit Wachstumspotential“, so Terium.

Zu Innogy: Bekanntlich hat RWE die Geschäfte mit Wind/Solar und mit den (kundennahen) Verteilnetzen abgespalten, weil man hofft, dass Innogy anders als das Desaster-„Geschäft“ mit konventioneller Stromerzeugung, das zunehmend in die roten Zahlen rutscht, dauerhaft wächst und Geld verdient.

Da Innogy heute FY 2016 publiziert hat, kann man diese Investmentthese prüfen. Also:

  1. Der Umsatz von Innogy verliert FY 4,4% (41,6 Mrd. EUR). Nun mag das eine Momentaufnahme kurz nach der Abspaltung sein, die die Firma stark beschäftigt und das Management auch vom Geschäft abgelenkt haben sollte. Nur: Es wird aus zwei Gründen eher schwieriger für Innogy mit Solar/Wind dauerhaft mehr zu verdienen: Erstens sind die effizientesten Standorte vergeben. Diese muss man mit hohem Kapitaleinsatz kaufen und die Effizienz mit nochmaligem Kapitaleinsatz weiter erhöhen (z.B. durch größere Windräder bzw. effizientere Solar-Panels). Das kostet enorm viel Geld, auch wenn die Produktionskosten der Erneuerbaren Energien tendenziell sinken. Zweitens sinken zugleich die Subventionen in Europa und in den USA. Was sinkt in schnellerem Tempo? Selbst wenn die Produktivität schneller zulegt als die Subventionen zurückgehen – es bleibt der steigende Kapitaleinsatz (s. o.).
  2. Mithin müsste Innogy unbedingt gut verdienen, um hohe Kapitalanforderungen stemmen zu können. Aber Innogy schafft nur mickrige 2,33% Free Cash Flow-Marge (967 Mio. EUR), der CCR erreicht bescheidene 63,9%.
  3. Aber Innogy könnte den höheren Kapitalaufwand für größere Anlagen und für Zukäufe mit Krediten finanzieren, oder? Das dürfte sehr, sehr schwierig sein, denn Innogy ist schon heute bis unters Dach verschuldet: Die Nettofinanzschulden betragen 15,75 Mrd. EUR, hinzu kommen Pensionsverpflichtungen von 3,9 Mrd. EUR. Ergo beträgt die Nettoverschuldung extrem hohe 20,3x Free Cash Flow (ROCE1 sehr mickrige 3,4%). Da dürfte der Fremdkapitalmarkt wohl nur sehr geringe Bereitschaft zeigen, frisches Geld zu geben. Zumal Innogy fast den gesamten Free Cash Flow (FCF) für eine völlig überhöhte Dividende verausgabt (rd. 900 Mio. Dividende), weshalb der FCF für höhere Zinszahlungen aus neuer Fremdfinanzierung gar nicht zur Verfügung steht.
  4. Also ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die Innogy-Aktionäre eine Kapitalerhöhung vor der Brust haben, entweder frisches equity in ihr Investment pumpen oder dilutieren – und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Kapitalerhöhung deutlich höher ausfällt als der Ertrag der Aktionäre aus der Dividende, denn 900 Mio. frisches equity bringt Innogy nicht wirklich weiter … Außerdem ist die EK-Quote heute mit rd. 19% (8,93 Mrd. EUR) ohnehin recht dürftig, da ist ein „größerer Schluck aus der Pulle“ per nennenswerter Kapitalerhöhung eh‘ angebracht. Wenn die FCF-Marge erheblich höher wäre, wäre das nicht nötig, dann könnte der Fremdfinanzierungsanteil sogar noch problemlos sinken, denn ein hoher FCF würde dann Zinskosten/Tilgung finanzieren. Aber eine merklich höhere FCF-Marge ist nicht erkennbar!

Bei diesen sehr dürftigen Ertragszahlen und dem eher schwerer zu beherrschbaren Umfeld in den nächsten Jahren sollten Innogy-Aktionäre einmal von Essen aus ihren Blick nach dem nahen Düsseldorf richten. Da sitzt Henkel. Die verdienen mit schnöden Waschmitteln, Klebstoffen und Haarfärbemitteln fast 2,5x (2,25 Mrd. EUR FCF = 11,8% FCF-Marge, CCR 107%) mehr als Innogy, setzen dafür aber nur gut die Hälfte des Kapitals (rd. 17 Mrd. EUR, ROCE 12%) von Innogy ein, und zudem legt Henkel bottom line zweistellig pro Jahr zu. Dennoch ist die Aktie von Henkel mit rd. 22,8x FCF ca. 42% günstiger bewertet als Innogy mit extrem überteuerten 39,3x FCF.

Und die Party um die attraktive Dividende wird meines Erachtens nicht allzu lange währen, sondern stattdessen in einen stattlichen Kater münden.

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